Ärzteschaft

MB: Viele Krankenhäuser verstoßen gegen das Arbeitszeitgesetz

  • Samstag, 7. November 2020
/Tyler Olson, stock.adobe.com
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Berlin – Der Marburger Bund (MB) hat Verstöße der Krankenhäuser gegen das Arbeits­zeitgesetz kritisiert. „Es kommt immer wieder zu Verstößen gegen die Regelungen in den Tarifverträgen des MB, die wir verhandelt haben, um die Ärzte zu schützen“, sagte die 1. Vorsitzende des Marburger Bundes, Susanne Johna, heute auf der virtuellen Hauptver­sammlung des Verbandes. Wie der MB-Monitor 2019 ergeben habe, arbeiteten 63 Prozent der MB-Mitglieder mehr als 49 Stunden pro Woche.

„Die Arbeitslast ist vielfach so hoch, dass zu befürchten ist, dass die Patientensicherheit leidet – erst recht, wenn jetzt, wie in Niedersachsen geschehen, die Arbeitszeit sogar noch ausgeweitet wird“, kritisierte Johna. „So treibt man das Personal in den Burnout. Eine hochwertige und humane Patientenversorgung ist nur möglich mit hochwertigen und humanen Arbeitsbedingungen.“

„Mangel an Unrechtsbewusstsein“

Der 2. Vorsitzende des Marburger Bundes, Andreas Botzlar, kritisierte die „fehlende Vertragstreue“ der Arbeitgeber, die sich in der Praxis zunehmend zeige. „In vielen Krankenhäusern gibt es einen ausgeprägten Mangel an Unrechtsbewusstsein“, sagte er. „Viele Geschäftsführer bekommen nicht einmal ein rotes Gesicht, wenn sie einen Vertrag mit uns abschließen, obwohl sie nicht beabsichtigen, die darin vereinbarten Vorgaben wirklich umzusetzen.“ Er rief die Mitglieder des MB auf, auf jeden Missstand hinzuweisen, von dem sie Kenntnis erhielten.

„Es gibt große Probleme bei der Arbeitszeiterfassung“, sagte auch der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Christian Twardy. „Statt das Thema proaktiv anzugehen und als Instrument zu begreifen, die eigene Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen, wird die Anwesenheit von Ärzten im Krankenhaus nicht überall als Arbeitszeit gewertet.“ Er kündigte an, dass der MB gegen ein solches Verhalten vorgehen werde, auch mit gerichtlicher Unterstützung.

Schichtdienst und Rufbereitschaft thematisieren

Botzlar erklärte, welche Schwerpunkte der MB bei künftigen Tarifverhandlungen setzen wolle. „Wir werden uns verstärkt dem Schichtdienst widmen“, kündigte er an. Heute gebe es komplexe Systeme mit flexiblen Diensten, bei denen die Ärzte am Ende nicht bekämen, was ihnen eigentlich zustehe. „Deshalb möchten wir einen kompletten Systemwechsel erreichen“, sagte Botzlar. „Die zentrale Forderung lautet dabei, dass die individuelle Arbeitszeit davon abhängig ist, zu welcher Tages- und Nachtzeit sie stattfindet.“

Zudem solle die Rufbereitschaft thematisiert werden. „Per Definition sollte ein Einsatz bei einer Rufbereitschaft nur ausnahmsweise vorkommen“, sagte Botzlar. In der Realität sei dies aber mittlerweile anders. „Wir müssen deshalb zu einem Modell kommen, bei dem die Rufbereitschaft auch tatsächlich der Arbeitszeit zugerechnet wird“, so der 2. MB-Vorsitzende. „Denn man kann in dieser Zeit ja nichts Privates machen.“

fos

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