Vermischtes

Mehr Coronaimpfstoff vor Vernichtung als bisher gedacht

  • Montag, 18. Juli 2022
/picture alliance, ZUMAPRESS.com, Paul Hennessy
/picture alliance, ZUMAPRESS.com, Paul Hennessy

Berlin – Zwischen Dezember 2021 und Ende Juni 2022 sind 3,9 Millionen Do­sen des Herstellers Moderna „auf unter­schiedlichen Stufen der logistischen Lieferkette“ verfallen. Das geht aus einer Antwort des Bundesge­sund­heits­mi­nisteriums (BMG) auf eine parlamentarische Anfrage des Abge­ord­neten Stephan Pilsinger (CSU) hervor. Grund ist die Überschreitung des Haltbarkeitsdatum.

Damit muss in Deutschland mehr Coro­na­impf­stoff vernichtet werden als bisher befürchtet. Im April war das Bun­des­gesundheitsministerium nach Angaben des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) noch davon ausge­gangen, dass bis Ende Juni drei Millionen Dosen die Vernichtung drohe.

Die Bundesregie­rung hat laut Minis­terium im Zeitraum vom 1. Dezember 2021 bis Ende Juni 2022 rund 134,3 Millionen Co­ronaimpf­stoffdosen bestellt.

In der Antwort auf die parlamentarische Anfrage ließ das Gesundheitsministerium erkennen, dass die Zahl der verfallenen Dosen sogar noch höher liegen könnte: Informationen über den Verfall lägen dem Bund nur inso­weit vor, wie diese von Apotheken und Ärzten an den pharmazeutischen Großhandel zurückgemeldet würden.

Der CSU-Abgeordnete Pilsinger zeigte sich „schockiert“, dass erneut mehr Impfstoff als erwartet im Müll lan­det. „Besonders in Zeiten knapper Kassen und Inflation darf der Staat das Steuergeld der Bürger nicht sinnlos zum Fenster hinauswerfen“, sagte er dem RND.

Angesichts der Vielzahl der Krisen müsse der Bund „wieder umsichtiger mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler umgehen", mahnte auch die Grünen-Gesundheitspolitike­rin Paula Piechotta. Das Bundes­ge­sundheitsministerium müsse die Impfstoffe künftig „stärker an der tatsächlichen Nachfrage orientiert ein­kau­fen“, sagte die Bundestagsabgeordnete.

Piechotta verwies darauf, dass derzeit „kaum ein Land mehr gespendeten Impfstoff abnimmt“, weswegen es „keine sinnvolle Verwendung mehr für Überschüsse“ gebe. Die Grünen-Politikerin verwies zudem darauf, dass der Haushaltsausschuss des Bundestags Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bereits verpflich­tet habe, zur besseren Abschätzung der Kaufmengen ein Prognosetool einzusetzen.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Kathrin Vogler, bezeichnete die aber­ma­lige Vernichtung von Millionen Impfstoffdosen als „weiteren Tiefpunkt der von organisatorischen und kommu­nikativen Fehlern geprägten Coronapolitik der Ampelkoalition“.

Unter „Impfkampagne“ verstehe Lauterbachs Ministerium „offenbar überwiegend die Beschaffung von mög­lichst vielen Impfstoffdosen“, sagte Vogler. „Dabei kommt es nicht darauf an, möglichst viel Impfstoff zu besitzen, sondern möglichst viel davon zu verimpfen.“

Deutschland hat nach Angaben des BMG bisher mehr als 118 Millionen Dosen Coronaimpfstoff an 45 Em­pfän­gerländer gespendet. Weitere fünf Millionen seien in Auslieferung, sagte eine Ministeriumssprecherin. „Das Problem bei der Sache ist aber, dass das globale Impfstoffangebot derzeit bei weitem die Nachfrage übersteigt“. Internationale Impfstoffinitiativen wie Covax hätten derzeit keinen Bedarf.

afp/dpa

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung