Politik

Mehr Prävention und langfristige Finanzierung in der Pflege benötigt

  • Freitag, 10. November 2023
/picture alliance, Philipp von Ditfurth
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Berlin – Um eine gute pflegerische Versorgung in Zukunft sicherzustellen, braucht es eine langfristige und nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung, mehr Prävention und Unterstützung von pflegenden Ange­hörigen. Das wurde gestern auf der neunten Berliner Pflegekonferenz diskutiert.

Aktuell gebe es rund 5,4 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland, sagte der Abteilungsleiter für Pflege­versicherung und -stärkung im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Martin Schölkopf. Das sei weitaus mehr als man vor zehn Jahren angenommen habe. Damit sei auch ein deutlicher Ausgabenanstieg in den vergange­nen Jahren einhergegangen.

Das BMG rechnet zudem mit bis zu 7,5 Millionen Pflegebedürftigen in den kommenden Jahren, so Schölkopf. Entsprechend brauche es effizientere Strukturen und attraktivere Arbeitsbedingungen in der Pflege, eine bes­sere Aufgabenverteilung zwischen Fach- und Hilfskräften als auch die Einbindung von weiteren Berufsgrupp­en in die Versorgung.

Mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) habe der Gesetzgeber im Mai einige Leistun­gen und Anpassungen auf den Weg gebracht, um die kurzfristige Finanzierung der Pflegeversicherung sicher­zustellen, erklärte Schölkopf. Damit steigt etwa zum Jahresbeginn 2024 das Pflegegeld um fünf Prozent an.

Zudem seien weitere Erhöhungen der Leistungsbeträge der Pflegeversicherung vorgesehen. Allerdings brau­che es darüber hinaus eine nachhaltige Finanzierung, die nach den Jahren 2025 und 2026 greifen werde. Da­ran arbeite das BMG derzeit mit Hochdruck, betonte Schölkopf.

Weiter erläuterte er, dass die Versorgung mehr akademisch ausgebildete Pflegekräfte benötige und die Frage der Kompetenzen der Pflegefachkräfte neu geregelt werden müsse. Ein weiterer Fokus liege auf der Gewinn­ung von Pflegefachkräften aus dem Ausland.

Das Thema Prävention sei in der Pflege noch zu wenig verankert, kritisierte Anne-Kathrin Klemm, Vorständin beim BKK Dachverband. „Wir sollten auf Potenziale vor dem Eintreten der Pflegebedürftigkeit aber auch wäh­renddessen eingehen. Da können wir viel bewirken“, sagte sie.

Es müsse daher „radikal umgedacht“ werden, so Klemm. Mehr Prävention entlaste Angehörige und die Soli­dargemeinschaft und sichere Lebensqualität. Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) gebe bislang aber deutlich wenig Geld für Prävention aus. Pro Jahr liege der Anteil an den Gesamtkosten bei 2,5 Prozent.

Konkret sieht Klemm vor allem Krankenkassen in der Pflicht, anhand von Gesundheitsdaten drohende Pflege­bedürftigkeiten zu erkennen und individualisiert auf die Betroffenen zuzugehen und präventive Interventio­nen anzubieten.

Proaktiv auf die Patientinnen und Patienten zugehen dürften die Krankenkassen aktuell noch nicht, so Klemm. Mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz sei da aber „einiges auf dem Weg“. Sie plädierte zudem dafür, auch Ärztinnen und Ärzte stärker zu sensibilisieren, um früher zu erkennen, wenn die Gesundheit aus dem Lot ge­rate oder Pflegebedürftigkeit drohe.

Ziel sei es, die Zielgruppen so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden zu halten und die Abhängig­keit von Hilfe so lange wie möglich zu vermeiden, betonte Klemm. Um diese Aspekte besser zu verankern, brauche es ein Präventionsstärkungsgesetz, forderte sie.

Für Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK Gesundheit, ist zudem die Stärkung der pflegenden Ange­hörigen wichtig. Diese Leistung werde bislang nicht ausreichend anerkannt, monierte er. „Mehr als 80 Prozent der Pflegebedürftigen werden zuhause versorgt, die pflegenden Angehörigen werden aber nicht annähernd gewürdigt“, kritisierte er. Auch er pochte auf eine nachhaltige Finanzreform der Pflegeversicherung. Das PUEG gehe nicht weit genug und werde von den Betroffenen als völlig unzureichend empfunden, so Storm.

cmk

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