Mehrere Länder wollen Werbeverbot für Abtreibungen kippen
Berlin – Mehrere Bundesländer wollen das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche abschaffen. Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg und Thüringen haben dazu einen Gesetzentwurf eingebracht, der heute im Plenum des Bundesrats vorgestellt wurde und nun weiter in den Ausschüssen der Länderkammer beraten wird. Die Initiative sieht vor, den Paragrafen 219a Strafgesetzbuch zu streichen. Das Gesetz sei „nicht mehr zeitgemäß“, heißt es in dem Antrag.
Die Strafvorschrift, die im Wesentlichen aus dem Jahr 1933 stammt, sanktioniert Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft sowie für Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die dafür geeignet sind. Sie sieht Freiheits- oder Geldstrafen vor. Das Verbot widerspreche den heutigen Vorstellungen von Informationsfreiheit und Selbstbestimmung, argumentieren die Länder.
Gesetz widerspricht der freien Arztwahl
Der Berliner Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) sagte vor der Länderkammer, das umstrittene Gesetz widerspreche den heutigen Vorstellungen von Informationsfreiheit, der Selbstbestimmung und der freien Ärztewahl. Zudem sei unangemessene Werbung auch ohne den Strafrechtsparagrafen verboten, etwa durch die Berufsordnung oder das Verbot unlauterer Werbung. Schwangere sollten selbst entscheiden können, wie und bei welchem Arzt sie einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen.
Die Thüringer Europaministerin Anja Siegesmund (Grüne) bezeichnete den Paragrafen als „Relikt aus den 30er Jahren“. Der Brandenburger Justizminister Stefan Ludwig (Linke) argumentierte, der Paragraf 219a sei sehr weit gefasst und gehe über ein reines Werbeverbot hinaus. Eine mögliche Abtreibung sei eine schwierige Entscheidung. Deshalb müssten die betroffenen Frauen ihre Möglichkeiten und Rechte kennen.
Der Bundesrat entschied heute noch nicht über die Gesetzesinitiative, sondern überwies sie an die zuständigen Ausschüsse. Wird sie im Plenum der Länderkammer beschlossen, müssen sich Bundestag und Bundesregierung damit befassen. Auch im Bundestag gibt es Bestrebungen, das Gesetz abzuschaffen oder zumindest abzuschwächen.
SPD, Linke und Grüne sind für die Streichung des Paragrafen. Die FDP plädiert für eine Klarstellung. Die Union will die Rechtsnorm beibehalten. Der Bundesverband Lebensrecht kritisierte das Anliegen, denn Informationen kämen überwiegend von „Abtreibungsärzten“, die ihre Dienstleistung der Tötung ungeborener Kinder anbieten wollten.
Die Diskussion über den Paragrafen 219a ist durch den Fall einer Ärztin in Gang gekommen, die zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt worden war, weil sie im Internet über Schwangerschaftsabbrüche informiert hatte.
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