Menschen mit seltenen Erkrankungen fallen noch zu oft durchs Raster

Berlin – Menschen mit seltenen Erkrankungen sind in Deutschland nach wie vor unzureichend versorgt. Darauf machte Erich Irlstorfer (CSU), Mitglied des Gesundheitsausschusses des Bundestags, im Rahmen der Vorstellung des Weißbuchs zu seltenen Erkrankungen aufmerksam.
Betroffene jeder Altersgruppe erhielten über viele Jahre keine genaue Diagnose und fielen „durch das Raster des allgemeinen Gesundheitssystems“, sagte er. Die Strukturen des Gesundheitssystems müssten jedoch Möglichkeiten schaffen, um den Bedürfnissen von Menschen mit seltenen Erkrankungen gerecht zu werden.
Besonders der Forschungsfortschritt ist Irlstorfer in diesem Zusammenhang wichtig. „Forschen hilft Heilen. Ein Grundsatz, der gleich einem Mantra in Zusammenhang mit seltenen Erkrankungen stehen muss und die Bedeutung der medizinischen, pharmazeutischen und klinischen Forschung unterstreicht“, erklärte Irlstorfer.
Seltene Erkrankungen seien vor allem aufgrund ihrer Unbekanntheit, Symptomatik und Komplexität von der Forschung abhängig. Hinzu komme, dass die meisten seltenen Erkrankungen genetisch bedingt seien.
Eine Therapie könne erst erfolgen, wenn es eine Diagnose gebe, die jedoch nur mit ausreichend medizinischem Wissen gestellt werden könne. Deshalb müsse sich die Politik in Zukunft verstärkt für die Forschung einsetzen und diese fördern.
„Wir sind fest davon überzeugt, dass unser Gesundheitswesen in Deutschland nicht nur hochwertig ist, sondern für Menschen mit seltenen Erkrankungen ein enormes Potenzial entfalten kann“, betonte der CSU-Politiker. Die Forderungen von Betroffenen und Selbsthilfe aus dem Weißbuch will er in die Landtage tragen, auf Bundesebene vorstellen und sie Vertreterinnen und Vertreter auf EU-Ebene zugänglich machen.
Er habe bereits Gespräche mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), Fachverbänden und anderen Mitgliedern des Bundestages geführt, sagte Irlstorfer. Am kommenden Donnerstag sei ein parlamentarisches Gespräch geplant, auch eine Debatte im Plenum und weitere Veranstaltungen seien angedacht.
Zudem müsse es noch mehr zu einer gesamteuropäischen Aufgabe werden, strukturelle Rahmenbedingungen zu schaffen, um seltene Erkrankungen erforschen, therapieren und möglicherweise sogar heilen zu können, so Irlstorfer.
„Es gilt, sich den in diesem Weißbuch herausgearbeiteten Herausforderungen gemeinsam zu stellen sowie viele größere und kleinere Stellschrauben im Gesundheitssystem in Bewegung zu setzen“, heißt es im Weißbuch.
Die dringend benötigte Versorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen dürfe nicht an unflexiblen oder bürokratischen Hürden scheitern. Auch müssten Lerneinheiten zu seltenen Erkrankungen in die medizinische Ausbildung aufgenommen und um Pathopsychologie, Therapie und Diagnostik erweitert werden.
Wie es um die Versorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen bestellt ist, zeigt das Weißbuch, das auf den Erfahrungen und Forderungen von Betroffenen und der Selbsthilfe beruht. Es war auf der Grundlage der von Irlstorfer initiierten Kampagne „Seltene Erkrankungen Bayern (SEB)“ entstanden.
Zwischen Februar und Dezember 2023 beschäftigten sich im Rahmen der Kampagne mehr als 60 Informations- und Diskussionsveranstaltungen mit der Situation von Menschen mit seltenen Erkrankungen. In Deutschland sind 4,5 Millionen Menschen von seltenen Erkrankungen betroffen.
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