Notfallsanitäter: Bundesregierung will Dialog über erweiterte Kompetenzen initiieren

Berlin – Dürfen Notfallsanitäter künftig bis zum Eintreffen des Notarztes eigenverantwortlich medizinisch tätig sein? Oder sollen sie nur auf ärztliche Anweisung handeln dürfen? Darüber will das Bundesgesundheitsministerium einen Dialog zwischen Notfallsanitätern, Ärzten und anderen am Rettungsdienst Beteiligten initiieren. Das kündigte die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf des Bundesrates zur Änderung des Notfallsanitätergesetzes an.
Der Bundesrat hatte seinen Vorstoß damit begründet, dass die aktuelle Rechtslage bei Notfallsanitätern und deren Arbeitgebern zu erheblicher Rechts- und damit auch Handlungsunsicherheit führe. Deshalb soll es dem Gesetzentwurf zufolge Notfallsanitätern künftig erlaubt sein, in lebensbedrohlichen Situationen im Rahmen der ihnen vermittelten Kompetenzen heilkundlich tätig zu sein.
Zurzeit sei die Ausübung der Heilkunde grundsätzlich Ärzten vorbehalten und ohne Erlaubnis strafbar. Notfallsanitäter, die bis zum Eintreffen des Notarztes heilkundlich tätig seien, entkämen nur über die rechtliche Konstruktion des rechtfertigenden Notstandes aus der Strafbarkeit ihres Tuns. Dies sei für die hochqualifizierten Notfallsanitäter weder sachgerecht noch zumutbar, hieß es zur Begründung.
Ärzteverbände wollen am Prinzip der Delegation festhalten
Die Bundesregierung hatte einen eigenen Vorschlag vorgelegt, um für mehr Rechtssicherheit sorgen. Dieser hing als Änderungsantrag dem Gesetz über den Beruf der Anästhesietechnischen und Operationstechnischen Assistenten an.
Ziel war es, die Befugnisse von Notfallsanitätern zu präzisieren und im Gegensatz zum Bundesrat am Prinzip der ärztlichen Delegation festzuhalten. Der Antrag von Union und SPD sah deshalb vor, dass Notfallsanitäter ausschließlich im Rahmen von standardisierten, ärztlich delegierten Handlungsoptionen (Standardisierte Prozeduren, SOPs) heilkundlich tätig werden dürfen.
Weil dieser Vorschlag bei einer Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss zwar auf die Zustimmung von Ärzteverbänden, aber auf heftige Kritik der Rettungsdienste gestoßen war, stoppten die Fraktionen ihre Gesetzesinitiative. Mit dem Dialog will man nun eine „für alle Seiten tragfähige Lösung“ finden, wie es in der Stellungnahme heißt.
Als unzureichend bezeichnete heute Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen) den Dialogvorstoß der Bundesregierung. Noch Anfang des Monats habe das Gesundheitsministerium angekündigt, bis Mitte November eine abgestimmte Bewertung der Bundesratsinitiative vorzulegen.
Nun wolle die Bundesregierung lediglich Gespräche initiieren, obwohl diese doch bereits im Vorfeld der Stellungnahme stattgefunden hätten. „Statt diesem Eiertanz müssen jetzt die Voraussetzungen geschaffen werden, damit Notfallsanitäter und Notfallsanitäterinnen rechtssicher eigenverantwortlich handeln können", forderte die Obfrau im Gesundheitsausschuss.
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