Organspende: Bahr hofft auf neues Vertrauen

Berlin – Zum Auftakt des ersten Prozesses infolge des Organspendeskandals an der Universitätsklinik in Göttingen hat Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) heute für mehr Vertrauen in die Organspende geworben. Dabei betonte er, dass Ermittlungsbehörden und Justiz rasch gearbeitet hätten. Dies könne erneut Vertrauen schaffen, sagte Bahr.
Gleichzeitig verwies der Minister auf die Maßnahmen, die seit dem Skandal vor einem Jahr ergriffen wurden, um Manipulationen an der Warteliste für Organempfänger zu verhindern und die Kontrolle in der Transplantationsmedizin zu verstärken. „So ein Vorfall wie der in Göttingen kann nicht noch einmal passieren“, ist Bahr überzeugt.
Dafür sorgten interdisziplinäre Transplantationskonferenzen, unangemeldete Überprüfungen und andere Maßnahmen. Zudem müssten die Transplantations-Richtlinien der Bundesärztekammer künftig vom Bundesgesundheitsministerium genehmigt werden. Auch die Bundesregierung muss während der nächsten drei Jahre dem Bundestag einen jährlichen Bericht zu den Transplantationen vorlegen.
Zwar seien noch nicht alle Kliniken in Deutschland überprüft worden. Aber es stehe schon jetzt fest, dass es keine Manipulationen gegen die Zahlung von Geld gegeben habe, erklärte Bahr. An anderen Zentren seien die Richtlinien zwar auch nicht immer korrekt eingehalten worden; eine solche "kriminelle Energie" wie im Göttinger Fall habe es aber nicht noch einmal gegebenen, betonte er.
Darauf verwies auch der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jens Spahn: „Der Ruf nach einer Verstaatlichung der Organspende durch Grüne und Linke führt in die Irre und verunsichert die Menschen unnötig. Keiner der Skandale wäre damit verhindert worden, denn da war kriminelle Energie im Spiel", sagte er zum Prozess-Auftakt in Göttingen. Dieser mache deutlich, dass die Manipulation von Patientendaten bei der Organspende kein Kavaliersdelikt ist.
Im ersten Prozess muss sich momentan ein Göttinger Transplantationsmediziner vor dem Landgericht Göttingen verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Transplantationsmediziner Prof. O. versuchten Totschlag in elf Fällen vor. Der 46-Jährige soll durch die Manipulation der Krankenakten für die Anmeldung seiner eigenen Patienten bei der Organvergabestelle Eurotransplant den Tod anderer schwerkranker Patienten auf der Warteliste billigend in Kauf genommen haben.
„Er wusste, dass er ohne sein regelwidriges Verhalten keine Organe erhalten hätte", sagte Oberstaatsanwältin Hildegard Wolff vor dem Landgericht. Außerdem soll der damalige Oberarzt in drei Fällen Patienten Lebern transplantiert haben, bei denen dies medizinisch nicht geboten war. In allen drei Fällen starben die Patienten, weshalb sich Aiman O. auch wegen Körperverletzung mit Todesfolge in drei Fällen verantworten muss.
Der Verteidiger von Prof. O., Steffen Stern, sagte, es habe zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Taten in den Jahren 2009 bis 2011 keine Rechtsgrundlage für einen Strafvorwurf gegeben sondern lediglich Richtlinien der Bundesärztekammer. Der Auseinandersetzung mit dieser rechtlichen Situation sei die Staatsanwaltschaft "mit konstanter Ignoranz ausgewichen".
Der seit Januar in Untersuchungshaft sitzende Angeklagte will zur Sache aussagen. Bei dem Mann mit deutschem und israelischem Pass besteht nach Ansicht des Haftrichters Fluchtgefahr.
Im Auftrag ihrer Trägerorganisationen, Bundesärztekammer, Deutsche Krankenhausgesellschaft und Spitzenverband der Krankenkassen, kontrollieren Prüfungs- und Überwachungskommission derzeit alle 47 Transplantationszentren in Deutschland und fahnden nach Auffälligkeiten bei der Vergabe von Spenderorganen. Der Abschlussbericht für die Leberzentren soll am 4. September vorgestellt werden.
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