Organspende: Bürger sollen aktiv entscheiden

Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) haben die Bürger dazu aufgerufen, sich über die Organspende zu informieren, eine persönliche Entscheidung zu treffen und diese zu dokumentieren. „Entscheide Dich“ – so lautet der zentrale Appell zum Tag der Organspende am 3. Juni.
„Nur so können Sie sicher sein, dass Ihr persönlicher Wille umgesetzt wird, Ihre Angehörigen von einer schweren Entscheidung entlastet werden und Sie die Chance haben, nach Ihrem Tod anderen Menschen zu helfen“, sagte Lauterbach. „Zeigen Sie Solidarität mit den Menschen auf den Wartelisten. Organspenden retten Leben, möglicherweise auch einmal das Ihrer Angehörigen, Freunde oder sogar Ihr eigenes.“
Lauterbach plädierte erneut dafür, erneut über eine Widerspruchslösung im Parlament zu diskutieren. In dem Fall müsste man sich aktiv dagegen aussprechen, wenn man nach dem Tod keine Organe spenden will. Derzeit ist es umgekehrt: Man muss aktiv zustimmen, wenn man Organspender werden will.
„Das sind wir denjenigen schuldig, die vergeblich auf Organspenden warten“, sagte Lauterbach. „Die Widerspruchslösung lässt jeder Person die Entscheidungsfreiheit, über seine Organe selbst zu bestimmen. Gleichzeitig ist sie ein Anstoß, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Vor allem aber bietet die Einführung der Widerspruchslösung die Chance zu einem Paradigmenwechsel bei der Organspende.“
Bundesweit stehen nach Angaben der DSO derzeit rund 8.500 schwer kranke Menschen auf der Warteliste für ein Organ. Bei jährlich hunderten Patienten verschlechtert sich der Gesundheitszustand so dramatisch, dass eine Transplantation nicht mehr möglich ist oder sie während der Wartezeit sterben, weil nicht rechtzeitig ein passendes Organ gefunden wurde. So starben im vergangenen 74 Herzpatienten, 47 Lungenkranke und 324 Nierenpatienten, die auf der Warteliste standen.
Allein rund 6.600 Menschen brauchen eine neue Niere. Das sind viermal so viele Patienten, wie Transplantate im Jahresverlauf nach Deutschland vermittelt werden konnten. Insgesamt sind sogar hunderttausend Menschen auf die Dialyse angewiesen. Zum Teil lassen sich diese Patienten gar nicht mehr auf die Warteliste setzen, weil sie keine Hoffnung haben, überhaupt eine postmortale Organspende zu erhalten.
Nach dem Tiefpunkt im Jahr 2017, als die Organspendezahlen auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren sanken, stiegen sie 2018 zunächst wieder und stabilisierten sich in den Folgejahren weitgehend. Im vergangenen Jahr sank die Zahl der postmortalen Spender allerdings wieder – auf 869. Im Jahr 2021 waren es noch 933 gewesen. Insgesamt 2.662 Organe wurden im vergangenen Jahr nach dem Tod gespendet und 3.372 transplantiert.
Nachdem die Zahlen 2020 und 2021 weitgehend stabil geblieben waren, brachen die Organspendezahlen nach Angaben der DSO im ersten Quartal um 30 Prozent ein. Als Ursachen nennt die Organisation die Auswirkungen der Coronapandemie und die daraus folgenden Krankenstände beim Klinikpersonal.
Danach stabilisierte sich die Lage auf dem Niveau der Vorjahre. Zudem wurden weniger Spenden realisiert, weil oft die Einwilligung fehlte. Nicht zuletzt spielen mit dem zunehmenden Alter der Spender aber medizinische Ausschlussgründe eine immer größere Rolle.
Die Bereitschaft zur Organspende hat im vergangenen Jahr einer aktuellen Umfrage zufolge zugenommen. Inzwischen besitzt fast die Hälfte der Deutschen (49 Prozent) einen Organspendeausweis, im Jahr 2021 waren es noch 41 Prozent, wie aus einer Befragung der Techniker Krankenkasse (TK) hervorgeht. Insgesamt sei der Anteil der Menschen, die sich bewusst für oder gegen eine Organspende entschieden haben in den vergangenen zwei Jahren um 20 Prozent gestiegen.
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