Ärzteschaft

Organspende: Deutschland profitiert von Widerspruchslösung in Nachbarländern

  • Mittwoch, 5. Dezember 2018
Organentnahme /dpa
/dpa

Berlin – Chirurgen kritisieren die schlechte Bilanz Deutschlands bei Spenderorganen und fordern daher die Einführung der doppelten Widerspruchslösung. Das Defizit würde auch mit Organen aus dem europäischen Ausland überbrückt, die die Widerspruchslösung bereits eingeführt haben, gab der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH), Matthias Anthuber, heute in Berlin zu Bedenken.

„Deutschland importiert viel mehr Organe aus dem Ausland, als es einbringt“, sagte Anthuber. Allein bei der Niere wären es etwa 200 Organe mehr pro Jahr, die Deutschland über Eurotransplant importiere im Vergleich zu Spendernieren aus Deutschland. Zum Organimport gebe es jedoch keine guten Analysen, räumt er ein. „Wir verschlechtern somit die Transplantationschancen von Patienten auf ausländischen Wartelisten.“ Ein Großteil der Organe komme aus Kroatien und Serbien, sagte Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie und Leiter des Transplantations­zentrums am Klinikum Augsburg.

Anthuber sprach sich daher für die doppelte Widerspruchslösung aus, bei der automatisch jeder als Spender gilt – sofern er nicht zu Lebzeiten ausdrücklich „Nein“ gesagt hat. Zusätzlich würden bei dieser Regelung die Angehörigen befragt, die eine Organentnahme bei fehlendem Widerspruch immer noch ablehnen könnten. Bislang ist in Deutschland eine ausdrückliche Zustimmung zur Organspende zu Lebzeiten erforderlich.

„Überall dort, wo Organspende auf der gesetzlichen Grundlage der Widerspruchs­lösung geregelt ist, sind die Organspendezahlen deutlich höher als in Ländern mit Zustimmungs- oder Entscheidungslösung“, sagte Anthuber. Gegner kritisieren die Widerspruchslösung als unzulässigen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht.

Logistische Probleme?

Eine deutschlandweite Analyse im Deutschen Ärzteblatt von mehr als 100.000 Behandlungsfällen hatte ergeben, dass Entnahmekrankenhäuser mitverantwortlich seien für die negativen Spenderzahlen. Denn diese Krankenhäuser würden mögliche Organspender immer seltener erkennen und melden. 

Logistische Problem kann Anthuber jedoch nicht bestätigen, auch nicht, wenn durch die Widerspruchslösung mehr Spenderorgane zur Verfügung stehen würden. Das Problem sieht er eher bei der Vergütung: „Momentan zahlen die Krankenhäuser auch aufgrund des hohen Ressourceneinsatzes definitiv drauf bei jeder Organentnahme“, ist der Chirurg aus Augsburg überzeugt.

Er sprach sich auch gegen eine Zentralisierung der Organentnahme in Transplan­tations­zentren mit hohen Fallzahlen aus. Hier gilt für ihn der Leitsatz: Don't move the donor – der Spender soll nicht verlegt werden. Die Lösung sei ein mobiles Team, das für die Hirntod-Diagnose in das entsprechende Krankenhaus fährt.

gie/kna

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