Pädiater am Limit

Köln – Vor einer dramatischen Situation bei der Versorgung kranker Kinder warnt der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). „Eltern kranker Kinder finden kaum noch Plätze für ihren Nachwuchs. Kinderkliniken weisen sie wegen Überbelegung ab, Praxen verhängen Aufnahmestopps“, hieß es aus dem Verband.
Ein Grund dafür sei, dass sich das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) derzeit besonders stark verbreite. Außerdem träten andere schwere Atemwegsinfekte vermehrt auf. Die Infektwelle sei aber nicht der eigentliche Grund für die bedrohliche Lage, so Jakob Maske, Sprecher des Berufsverbandes.
„Das Debakel hat die Politik zu verantworten, die seit Jahren die Pädiatrie finanziell aushungert, uns aber gleichzeitig immer mehr Aufgaben aufbürdet“, sagte er. Die Ärztinnen und Ärzte in den Praxen arbeiteten durchschnittlich mehr als 50 Stunden pro Woche, um die Patienten zu versorgen, ohne dass dies entsprechend honoriert werde.
„80 Prozent der Kliniken mussten in den letzten Jahren die Zahl ihrer Betten reduzieren, sogar im Intensivbereich. In unseren Praxen müssen wir daher zunehmend schwer kranke und chronisch kranke Kinder und Jugendliche mitversorgen“, so Maske.
Außerdem kämen immer mehr Patienten mit sogenannten neuen Krankheiten in die Praxen, vor allem mit Übergewicht und sozial bedingten Entwicklungsstörungen, die einen hohen Beratungsaufwand erforderten.
Parallel dazu stiegen die Ausgaben für die reine Erhaltung der Praxen rasant. „Anders als in öffentlichen Gebäuden können wir zum Beispiel kaum die Raumtemperaturen absenken, weil wir Neugeborene und kranke Kinder nicht frieren lassen können“, erläuterte der BVKJ-Sprecher.
Lange und stressige Arbeitstage bei fehlenden finanziellen Anreizen und damit auch fehlender gesellschaftlicher Wertschätzung führten dazu, dass es keine Nachfolger für freie Praxissitze gebe. Laut dem Verband werden in den kommenden fünf Jahren etwa ein Drittel der Kinder- und Jugendärzte in den Ruhestand gehen.
„Eltern werden dann noch größere Probleme haben, einen Kinder- und Jugendarzt zu finden“, warnt der Verband. Daher sei es höchste Zeit, dass die Politik umsteuere. „Wir brauchen mehr Medizinstudienplätze, Perspektiven für junge niederlassungswillige Ärzte und mehr Klinikbetten“, so die Forderungen des BVKJ.
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