Politik

Pandemieverträge: Union für konsequente Prävention, AfD lehnt Zusammenarbeit ab

  • Freitag, 23. Februar 2024
/picture alliance, Michael Kappeler
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Berlin – Der Bundestag hat gestern am späten Abend über das geplante Pandemieabkommen der Weltge­sundheitsorganisation (WHO) diskutiert. Anlass waren zwei Anträge von CDU/CSU sowie der AfD. Beide An­träge wurden an die Ausschüsse überwiesen. Der Gesundheitsausschuss soll die Federführung übernehmen.

Die Union fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag auf, in den Verhandlungen über ein Pandemieab­kommen der WHO konsequent für den Präventionsansatz, der umfassenden Vorbeugung von Pandemien, einzutreten.

Die WHO müsse durch das Abkommen handlungsfähiger werden, wobei ihre Befugnisse klar abgegrenzt und die zentrale Rolle der Mitgliedsstaaten und die Rechte der Bürger gewahrt sein sollen, heißt es in dem Antrag.

Darüber hinaus müsse sichergestellt werden, dass die Umsetzung des Abkommens in Übereinstimmung mit den nationalen Gesundheitspolitiken der Mitgliedsstaaten erfolge und einzelstaatliche Souveränitätsrechte vollumfänglich bestehen blieben.

Weiter solle die Ampelregierung auf eine enge Abstimmung zwischen dem Globalen Pandemieabkommen und den Internationalen Gesundheitsvorschriften dringen und sich konsequent dafür einsetzen, den soge­nannten One-Health-Ansatz zu verankern, da nur die zusammenhängende Betrachtung der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt einen nachhaltigen und ganzheitlichen Gesundheitsbegriff darstelle, so die Union.

Außerdem solle aktiv gegen die negativen Auswirkungen von gesundheitsbezogenen Fehlinformationen und Hassreden, besonders in sozialen Medien, vorgegangen und das Vertrauen in die öffentlichen Gesundheits­syste­me und -behörden gefördert werden.

Die Union spricht sich zudem für den Schutz geistigen Eigentums und gegen eine Abschwächung des Pa­tentschutzes für Impfstoffe und Medikamente aus. Dies wäre ein falsches Signal für die erforderliche For­schung der Unternehmen und würde mangels notwendiger Fähigkeiten zur Herstellung von Impfstoffen und Medikamenten auch nicht zu einer schnelleren Herstellung und gerechteren Verteilung führen, schreiben die Abgeordneten.

Die AfD-Fraktion forderte in ihrem Antrag die Ablehnung des geplanten Pandemievertrags und der überarbei­teten IGV der WHO. Die Initiativen der WHO zielten darauf ab, ihren Einfluss durch Kompetenz- und Mittel­stärkung zu erweitern, heißt es.

Die Abgeordneten rufen die Ampelregierung außerdem dazu auf, dem Bundestag bis zum 1. Juni 2025 in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern einen Untersuchungsbericht zur Rolle der WHO während der COVID-19-Pandemie vorzulegen.

Darüber hinaus solle sich die Bundesregierung bei der Weltgesundheitsversammlung für die Entwicklung und Umsetzung eines Finanzierungsmodells für die WHO einsetzen, das die Durchsetzung von Partikularinteres­sen sowie eine industrie-, staaten- oder stiftungszentrierte Politik unterbinde.

Verhandlungen sollen im Mai abgeschlossen sein

Hintergrund der Diskussion ist das geplante Pandemieabkommen. Über dieses verhandeln seit Ende 2021 die 194 Mitgliedstaaten der WHO. Bis Mai 2024 soll damit eine Verbesserung der Globalen Gesundheitsarchitek­tur im Bereich Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion erreicht werden.

Beratungen laufen außerdem zur Änderung der internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV). Über diese Vorhaben soll bei der kommenden Weltgesundheitsversammlung im Mai abgestimmt werden.

Problematisch bei den Verhandlungen ist jedoch, dass vor allem Länder des globalen Südens auf Technologie­transfer und einen gerechten Zugang zu Impfstoffen und Medikamenten drängen. Der globale Norden setzt sich vor allem für eine schnelle Datenweitergabe und einen internationalen Zugang zu Pathogenen ein und will die Forschung vorantreiben.

Der Bundestagsabgeordnete Herrmann Gröhe (CDU) betonte in seiner Rede gestern, dass globale Gesund­heits­gefahren globales Handeln benötigten. Zudem sei globaler Pandemieschutz auch für die Bürgerinnen und Bürger Freiheitsschutz, betonte Gröhe. Georg Kippels (CDU) rief dazu auf, die Zeit bis Mai zu nutzen, um einen Pandemievertrag zu erarbeiten. Man wisse nicht, wann die nächste Pandemie kommen könne.

Tina Rudolph (SPD) begrüßte zwar den Antrag der Union, erklärte aber auch, dass viele angesprochene Punkte bereits in den Entwürfen des Pandemievertrags stehen würden. Auf den Ruf nach mehr Transparenz bei den Verhandlungen, betonte sie, diese seien bereits ausreichend transparent und einsehbar.

Für ihren Parteikollegen Herbert Wollmann seien manche Aspekte des Antrags der Union unsolidarisch. So sollte die schnellstmögliche Verteilung und Produktion von Medikamenten und Hilfsgütern im Vordergrund stehen, so Wollmann. Die SPD unterstütze dabei auch das Ziel der Afrikanischen Union, bis 2040 60 Prozent der auf dem afrikanischen Kontinent verwendeten Impfstoffe selbst zu produzieren, betonte er.

Die Diskussion rund um die Pandemieverträge müsse sich auf Fakten und Evidenz stützen, betonte der FDP-Bundestagsabgeordnete Andrew Ullmann. Klargestellt werden müsse, dass ein internationales Abkommen die Souveränität einzelner Staaten nicht bedrohe, sondern eine koordinierte Reaktion auf zukünftige Gesund­heits­krisen ermögliche.

„Ein starkes internationales Engagement ist unerlässlich, um Zugang zu Diagnostik, Behandlung und Impf­stoffen für alle zu sichern.“ Ullmann erklärte, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen den Nationen unab­dingbar sei, um zukünftige Herausforderungen zu meistern.

Die AfD-Abgeordnete Christina Baum kritisierte hingegen die Politik der Bundesregierungen während der COVID-19-Pandemie. Sie befürwortete dezentrale Lösungen bei der Bekämpfung möglicher Pandemien statt zentraler Vorgaben. Die AfD lehne zudem weiteren Einfluss der WHO ab.

cmk

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