UN-Generalsekretär sieht Nachbesserungsbedarf bei Pandemievorbereitung

Genf – Unter dem Eindruck der Coronapandemie soll ein weltweiter Pandemievertrag geschlossen werden. Der Textentwurf ist aber höchst umstritten. Die Welt ist nach den Worten von UN-Generalsekretär António Guterres noch nicht auf eine mögliche neue Pandemie vorbereitet.
„Wir müssen mehr tun“, teilte er zum heutigen internationalen Tag zur Vorbereitung auf Epidemien mit. Das soll mit einem weltweiten Pandemievertrag geregelt werden – die Verhandlungen darüber laufen bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und gehen jetzt in die heiße Phase.
Der 30-seitige Entwurf ist allerdings höchst umstritten. Der Vertrag soll bei der Weltgesundheitsversammlung (27. Mai bis 1. Juni 2024) verabschiedet werden. Die Konrad-Adenauer-Stiftung, die die Verhandlungen in Genf beobachtet, hält es für sehr unwahrscheinlich, dass alle Probleme bis dahin gelöst werden können.
In dem Pandemievertrag geht es unter anderem darum, wie Informationen über neue Pathogene zügig geteilt werden, wer wo Impfstoffe und Medikamente herstellt und wie sie verteilt werden. Selbst, wenn der Vertrag bei der WHO-Tagung angenommen werden sollte, träte er nur in Kraft, wenn genügend Länder ihn ratifizieren und hätte auch nur in diesen Ländern Gültigkeit.
Reiche Länder kritisieren etwa, dass sie Details über die Förderung von Pandemieproduktforschung offenlegen und dass Pharmafirmen Preise transparent machen sollen. Umstritten ist auch, dass die Pharmaindustrie in einer neuen Pandemie auf geistige Eigentumsrechte an Medikamenten verzichten und verpflichtet werden soll, der WHO einen Teil ihrer Produktion für die Verteilung zu überlassen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat der WHO volle Unterstützung für den geplanten Vertrag zugesichert.
Nach drei Jahren von „Krise, Leid und Verlusten“ durch das Coronavirus hat WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus die Einigung über ein internationales Abkommen zur Pandemievorsorge gefordert.
Noch gebe es Lücken bei der internationalen Vorsorge zur Verhinderung weiterer Pandemien, sagte er in einer Videobotschaft zum Jahresende. Das Jahr 2024 biete die „einmalige Gelegenheit“, sich dieser Probleme anzunehmen. Das bislang erste Pandemievorsorgeabkommen, das derzeit ausgehandelt werde, solle die Mängel in der globalen Zusammenarbeit und Gerechtigkeit beseitigen, betonte Tedros.
Beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sind hunderte Verfassungsbeschwerden gegen den Vertrag eingereicht worden. Im September wurde eine als unzulässig zurückgewiesen. Die Beschwerdeführerin befürchtete, dass die WHO in selbst ausgerufenen Pandemien und Gesundheitsnotständen verbindliche Anordnungen treffen und Entscheidungen souveräner Staaten über Gesundheitsmaßnahmen außer Kraft setzen könnte.
Das höchste deutsche Gericht urteilte, dass die Beschwerdeführerin durch die künftige Mitwirkung Deutschlands an dem Vertrag in ihren Rechten nicht verletzt sei. Zudem gebe es noch kein Zustimmungsgesetz, das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden könnte.
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