Parteien streiten um Regelung zur Suizidbeihilfe
Hannover – Im Vorfeld einer gesetzlichen Regelung zur assistierten Selbsttötung pochen Vertreter der Parteien auf ihre unterschiedlichen Positionen. Der CDU-Abgeordnete Michael Brand sprach sich in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom Montag gegen jede organisierte Beihilfe zur Selbsttötung aus. Dagegen kündigten die rechtspolitischen Sprecher von SPD und Grünen an, ein Verbot jeglicher organisierter Sterbehilfe verhindern zu wollen.
Brand sagte: „Wir wollen die Hand beim Sterben reichen, aber nicht zum Sterben.“ Die anstehende Bundestagsabstimmung ohne Fraktionszwang bezeichnete er als „Test auf die Menschlichkeit in unserer modernen Gesellschaft“. Die Verhinderung übermäßiger Schmerzen auch unter Inkaufnahme einer Lebensverkürzung solle erlaubt werden, die organisierte Beihilfe zur Selbsttötung dagegen nicht, so Brand. Der Bundestag will bis zum Frühjahr 2015 über ein Gesetz zur Sterbehilfe abstimmen, nach der Sommerpause beginnen die Anhörungen.
Ausbau der Palliativmedizin gefordert
Der CDU-Politiker forderte einen Ausbau der Palliativmedizin und der Hospize: „Niemand muss bei uns dem Tod entgegen reisen.“ Bei einem rechtlich geregelten „Suizid auf Bestellung“ würde auf Schwache und auf viele Ältere „gewaltiger, im Ergebnis unmenschlicher Druck ausgeübt“. Brand sprach von einem bereits erfolgten „Dammbruch“ in Belgien und Holland.
Auch die SPD-Abgeordnete Kerstin Griese kritisierte die Sterbehilfevereine. Sie stünden „für einen unwürdigen Umgang mit dem Tod“, deshalb gehörten sie nicht nach Deutschland.
Der rechtspolitische Sprecher der SPD, Burkhard Lischka, sagte dem Blatt: „Wollen wir wirklich eine gesetzliche Regelung, die einem Betroffenen in einem derartigen Fall nur die Möglichkeit lässt, von der nächsten Brücke zu springen oder sich vor den Zug zu werfen?“
Er sei aber bereit, organisierte gewerbliche Sterbehilfe dann zu verbieten, „wenn wir gleichzeitig eine ärztliche Sterbehilfe zulassen“. Dies schütze Betroffene vor Quacksalbern und Geschäftemachern, gebe ihnen aber zugleich die Möglichkeit, sich von einer Fachperson beraten zu lassen. Damit würden mehr Menschen vor Fehleinschätzungen und übereilten Entscheidungen bewahrt als durch ein rigides Verbot der Sterbehilfe.
Künast: Gemeinnützige Sterbehilfe letzte entscheidende Hilfe
Die Grünen-Politikerin Renate Künast sagte, gemeinnützige Sterbehilfe könne für manche Betroffene die letzte entscheidende Hilfe sein: „Also sollten gemeinnützige Sterbehilfevereine auch in Deutschland erlaubt sein“. Um Missbrauch auszuschließen, sollten nur solche Vereine zugelassen werden, die sich an bestimmte Kriterien und Mindeststandards hielten: „Wir brauchen mehr Fürsorge und nicht mehr Strafrecht.“
Kauder kritisiert Schneider
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) kritisierte unterdessen den evangelischen Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider wegen dessen Position zur assistierten Selbsttötung kritisiert. „Es ist wenig hilfreich, wenn der EKD-Ratsvorsitzende als Betroffener zu dieser existenziellen Herausforderung Interviews gibt“, sagte Kauder der Leipziger Volkszeitung vom Montag. Nach der Krebsdiagnose seiner Ehefrau hatte Schneider in mehreren Interviews erklärt, er würde aus Liebe entgegen seiner persönlichen Haltung und entgegen der offiziellen Haltung seiner Kirche seine Frau beim assistierten Sterben begleiten. Dies hatte eine kontroverse Debatte ausgelöst.
Kauder sagte, man müsse den Menschen die Angst vor dem Sterben nehmen. Das Thema aktive Sterbehilfe, das in den kommenden Monaten auch den Bundestag beschäftige, sei für ihn durch das Schneider-Interview „nicht einfacher geworden“. Trotzdem bleibe es dabei, dass die großen christlichen Kirchen die organisierte Sterbehilfe strikt ablehnten, so der CDU-Politiker.
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