Politik

Patientenbeauftragte ermahnt Kassen wegen Bewilligungspraxis bei Mutter-Kind-Kuren

  • Donnerstag, 14. September 2017
/dpa
/dpa

Berlin – Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Ingrid Fischbach (CDU), hat Vertreter der Krankenkassen zum Rapport gebeten. Sie wies in einem Gespräch auf Missstände im Genehmigungs­verhalten bei Mutter-/Vater-Kind-Kuren hin und ermahnte die Krankenkassen, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten.

Fischbach bezieht sich dabei auf eine Studie des IGeS-Institutes „Leistungs­bewilli­gungen und -ablehnungen durch Krankenkassen“, die ihr Vorgänger, Karl-Josef Laumann (CDU), in Auftrag gegeben hatte. Daraus geht unter anderem hervor, dass die Erfolgsquote von Widersprüchen bei abgelehnten Mutter-/Vater-Kind-Vorsorgemaß­nahmen bei 72 Prozent liegt.

Zu viele Leistungen werden verweigert

„Das heißt, viel zu vielen Eltern werden diese Leistungen zunächst verweigert, obwohl ein berechtigter Anspruch besteht“, sagte Fischbach. Die Studie zeige zudem, dass die einzelnen Krankenkassen sehr unterschiedlich geneh­migten oder ablehnten. „Für diese gravierenden Unterschiede der Leistungsableh­nungen im Vorsorge- und Rehabi­litations­bereich gibt es keine sachliche Erklärung. Sie legen den Schluss nahe, dass die Krankenkassen diesen Bereich zur Kosteneinsparung nutzen“, stellte die Patientenbeauftragte deutlich fest.

Fischbach forderte die Kassen auf, innerhalb der nächsten vier Wochen Vorschläge zu unterbreiten, wie sie einheitlicher und nach den gesetzlichen Vorgaben über die Leistungsanträge entscheiden könnten. „Ich erwarte, dass sich die Krankenkassen an Recht und Gesetz halten. Patienten müssen sich darauf verlassen können, dass sie die Leistungen, die ihnen zustehen, auch bekommen – und zwar unabhängig von der Krankenkasse, bei der sie versichert sind“, sagte sie.

Mehr Transparenz eingefordert

Fischbach forderte zudem, dass die Krankenkassen die Widerspruchsquote und die Erfolgsquote der Widersprüche auf ihren Webseiten veröffentlichen, um diese Zahlen für die Versicherten transparent zu machen. 

Der häufigste Grund für eine Mutter-/Vater-Kind-Kur in einer vom Müttergenesungs­werk anerkannten Klinik ist ein Erschöpfungssyndrom bis hin zum Burn-out. Im vergangenen Jahr litten 87 Prozent der teilnehmenden Mütter daran. Auch bei Vätern, die eine Kurmaßnahme in Anspruch nahmen, dominierten diese Gesundheitsstörungen mit fast 70 Prozent. Das geht aus dem Jahresbericht 2016 des Genesungswerkes hervor.

Zu der Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Kuren geht die Studienlage auseinander: Laut einer Befragung der hkk-Krankenkassen ist die Wirkung nicht nachhaltig genug. Während unmittelbar nach der Kur 62 Prozent der Teilnehmer ihren Gesundheits­zustand als „gut“ bis „sehr gut“ bewerteten, waren dies ein bis zwei Jahre später noch 20 Prozent. Angesichts der Ergebnisse mahnte Susanne Driebe, hkk-Expertin für Kuren und Reha, Mütter sollten während der Kur in den Einrichtungen mehr Anregungen sowie Hilfestellungen für eine erfolgreiche Umsetzung des Gelernten in ihren Alltag erhalten. 

„Familien profitieren auch langfristig von einer Mutter- beziehungsweise Vater-Kind-Kur“, meint hingegen die Siemens-Betriebskrankenkasse (SBK). Beurteilten 90 Prozent der Teilnehmer ihren Gesundheitszustand vor Antritt der Reise als „weniger gut“ oder „schlecht“, wandelte sich die Selbsteinschätzung hinterher grundlegend. Direkt nach der Maßnahme sagten 73 Prozent, es ginge ihnen „gut“ oder „sehr gut“. Der Anteil der Befragten mit „schlechtem“ Befinden sank auf fünf Prozent. Jeder zehnte Teilnehmer befand sogar, es ginge ihm „ausgezeichnet“. Auch längere Zeit nach der Kur schätzten 72 Prozent der Befragten ihre Gesundheit als „gut“ oder „sehr gut“ ein, berichtet die SBK.

hil

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung