Ärzteschaft

Paxlovid wird bei COVID-19-Risiko­patienten immer noch zurückhaltend eingesetzt

  • Dienstag, 13. September 2022
/uladzimirzuyeu, stock.adobe.com
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Hamburg/Düsseldorf – Das Medikament Paxlovid wird in Deutschland offenbar immer noch zurückhaltend eingesetzt. „Insgesamt kann man sagen, dass Paxlovid in Deutschland wesentlich weniger angewendet wurde als in anderen europäischen Ländern. Das gilt sowohl für die Arztpraxen als auch für die Klinik“, sagte Stefan Kluge, Direktor der Klinik für Intensivmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), heute.

Dies habe „viele Gründe“, so der Experte, der auch Koordinator der S3-Leitlinie „Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19“ ist. „Zum einen dauert es immer eine gewisse Zeit, bis das Wissen alle Ärzte in Praxen und Krankenhäusern erreicht“, so Kluge.

Dies sei bei allen medizinischen Innovationen zu beobachten. Zudem komme bei COVID-19 noch hinzu, dass relativ schnell immer neue Informationen und Studien erschienen. „Ähnlich wie bei den Impfempfehlungen kann das auch zu Verwirrung führen“, so Kluge.

Zudem habe das Kombinationspräparat viele Wechselwirkungen. Besonders ältere Menschen ab 65 Jahren, die am meisten von Paxlovid profitieren könnten, nähmen häufig noch andere Arzneimittel ein.

„Eine Überprüfung aller möglichen Wechselwirkungen und eine Abwägung, welche Medikamente abgesetzt werden können, kostet im Praxisalltag viel Zeit und könnte auch eine Erklärung dafür sein, warum es bisher noch nicht so viel eingesetzt wurde“, so Kluge.

Er lobte aber, dass es das Bundesministerium für Gesundheit ermöglicht habe, dass Praxen das Medikament vorrätig haben und ohne Umweg über eine Apotheke an Patienten abgeben könnten.

„Die idealen Patienten für den Einsatz von Paxlovid sind erst seit kurzer Zeit symptomatisch und noch nicht schwer erkrankt, haben aber Risikofaktoren für einen schweren Verlauf“, erläuterte Torsten Feldt, Bereichs­leiter Tropenmedizin, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie, Universitätsklinikum Düs­seldorf.

Das Risiko sei vor allem bei einem Alter ab 65 Jahren, bei relevanten Vorerkrankungen an wichtigen Organen wie Herz, Lunge oder Niere und bei geschwächtem Immunsystem erhöht. „Je höher das Risiko ist und je früher die Therapie begonnen wird, desto höher ist die Wahrschein­lichkeit für einen positiven Effekt der Therapie“, so Feldt.

Paxlovid kann seit dem 25. Februar 2022 ärztlich verordnet und über den Großhandel bestellt werden. Es spielt vor allem im ambulanten Bereich eine Rolle, da die Behandlung spätestens fünf Tage nach Symptom­beginn beginnen sollte.

Hausärzte können das oral anwendbare antivirale Medikament zur Behandlung von COVID-19 seit Mitte August direkt an ihre Patienten abgegeben. Möglich ist eine Bevorratung von bis zu fünf Therapieeinheiten je Arztpraxis. Die Praxen erhalten das Medikament über die Apotheke, in der sie üblicherweise auch den Sprechstun­denbedarf beziehen.

„Die Nebenwirkungen von Paxlovid sind überschaubar. Es können zwar Nebenwirkungen wie Durchfall oder Geschmacksstörungen auftreten, allgemein ist es aber gut verträglich“, erläuterte Kluge.

hil

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