Politik

Personalschlüssel in der Pflege: Andere Länder machen es vor

  • Donnerstag, 9. Februar 2017
Uploaded: 13.06.2013 13:52:25 by mis
/dpa

Berlin – Gesetzlich festgelegte Personalschlüssel in der Pflege können Arbeitsüberlas­tung und Qualitätsmängel lindern. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler der Hochschule Hannover und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) in einer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie. Die Forscher haben dokumentiert, welche rechtlichen Vorgaben für eine angemessene Personalausstattung weltweit existieren. Der Analyse zufolge wären die untersuchten Regelungen in großen Teilen auf Deutsch­land übertragbar.

Rechtliche Vorgaben für die Personalbemessung in der Krankenpflege sind den Stu­dien­­au­toren Michael Simon und Sandra Mehmecke zufolge international verbreitet. Am stärk­s­ten ausgeprägt ist die Regulierung demnach in den USA und Australien. In Kali­fornien sind sogenannte „Nurse-to-Patient-Ratios“ für ein breites Spektrum an Kranken­haus­sta­tionen, Notaufnahmen und Kreißsälen gesetzlich verankert, in Massa­chu­setts für Inten­sivstationen. Dabei gelten je nach Versorgungsstufe und Schicht unterschied­liche Quo­ten. Insgesamt zwölf weitere US-Bundesstaaten haben der Aus­wertung zufolge ebenfalls Rechtsvorschriften zur Personalbemessung in der Kranken­pflege erlassen.

In Australien gibt es in zwei Bundesstaaten gesetzliche Vorgaben, in den übrigen Bun­des­staaten ist die Personalbemessung in tarifvertraglichen Vereinbarungen geregelt. In Japan, Südkorea, Taiwan und Belgien gelten laut der Studie ebenfalls Personalschlüs­sel. Anders als in den USA und Australien basieren die dortigen Regulierungsansätze aller­dings auf sogenannten Nurse-to-Bed-Ratios. Das heißt: Maßgeblich ist die Zahl der Per­sonalstellen im Verhältnis zur Zahl der durchschnittlich belegten Betten. Da Durch­schnitts­­werte wenig über das tatsächlich verfügbare Personal und die Bettenauslastung zu einem bestimmten Zeitpunkt aussagen, halten Simon und Mehmecke solche Vorga­ben für nur begrenzt tauglich.

Die Relation zwischen Krankenschwestern und Patienten sei nicht nur ein wichtiger Grad­­messer für die Qualität der Arbeitsbedingungen, sondern beeinflusse auch die Qua­lität der Pflege und damit die Patientengesundheit, betonen die Wissenschaftler. Deut­schland hinke dabei hinterher: Sie zitieren in ihrer Auswertung die internationale Pflege-Vergleichsstudie RN4CAST aus dem Jahr 2012, der zufolge in den USA durch­schnittlich 5,3 Patienten auf eine Pflegefachkraft kommen, in den Niederlanden sieben, in Schweden 7,7 und in der Schweiz 7,9. In Deutschland müssten sich Krankenschwes­tern dagegen im Schnitt um 13 Patienten kümmern.

„Seit Jahren ist die Pflegepersonalbemessung in deutschen Kliniken höchst problema­tisch und nicht einmal annähernd auf dem Niveau anderer europäischer Staaten“, sagte Johanna Knüppel, Sprecherin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK). Pflegemängel, Defizite bei der Hygiene, gravie­ren­de Kommunikationsfehler, ungenügen­de Patientensicherheit und eine „Abfertigung am Fließband“, seien die Folgen.

Das häufig vorgebrachte Argument gegen verbindliche Personalschlüssel, diese seien zu starr, nicht handhabbar und gäben dem Unternehmen zu wenig Spielräume, kann nach Aussage des DBfK nicht gelten. „Weltweit gibt es eine ganze Reihe von Ländern, die seit Jahren damit arbeiten und gute Erfahrungen gemacht haben“, betonte der Ver­band.

hil

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