Petition gegen niedrige Vergütung in der Psychotherapie eingereicht

Berlin/Köln/München/Stuttgart – Ärzte und Psychotherapeuten haben heute Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) eine Petition mit 4.267 Unterschriften übermittelt. Dabei geht es um die Vergütung der probatorischen Sitzungen in der Psychotherapie. Der Erweiterte Bewertungsausschuss hatte am 29. März 2017 auf Betreiben des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung eine aus Sicht von Ärzten und Psychotherapeuten nicht angemessene Honorierung neuer Leistungen festgelegt.
„Auch wenn die Bewertung der Erstgespräche seit dem 1. April besser geworden ist, bleibt sie dennoch hinter den Sätzen für reguläre Psychotherapiesitzungen zurück. Diese seltsame Systematik fördert keinesfalls ein vermehrtes Angebot solcher Gespräche und trägt nicht dem Umstand Rechnung, dass solche Erstgespräche eher anspruchsvoller und aufwendiger sind als reguläre Therapiesitzungen“, schreibt Herbert Mück, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, der Gröhe die Petition präsentierte.
Protest gegen die Bewertungen der neuen psychotherapeutischen Leistungen kamen auch aus den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) in Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen. „Neue ambulante Angebote wie die psychotherapeutische Akutbehandlung und die psychotherapeutische Sprechstunde müssen von den Krankenkassen auch angemessen finanziert werden, wenn sie zu einer echten Verbesserung der Versorgung der Patienten beitragen sollen“, erklärte der Vorstand der KV Bayerns.
„Die Etablierung der neuen Leistungen stellt einen hohen inhaltlichen und auch administrativen Aufwand für die Vertragspsychotherapeuten dar, der mit dieser Vergütung keinesfalls abgebildet ist“, sagte der Vorstandsvorsitzende der KV Baden-Württemberg, Norbert Metke.
„Die Reform der Psychotherapie-Richtlinie war längst überfällig, um den Patienten zeitnah den Zugang zu einer psychotherapeutischen Behandlung zu ermöglichen. Durch die Entscheidung des Erweiterten Bewertungsausschusses wird dieser Wille des Gesetzgebers jedoch ignoriert, denn die neuen psychotherapeutischen Angebote werden nicht als gleichwertige Leistungen anerkannt und vergütet“, zeigte sich Klaus Heckemann, Vorstandsvorsitzender der KV Sachsen, enttäuscht.
Auch Dipl.-Psych. Frank Massow, amtierender Vorsitzender des beratenden Fachausschusses der Psychotherapeuten der KV Sachsen, hinterfragt die Honorarfestlegungen des EBA. „Ich finde es sehr bedauerlich, dass gegen den Beschluss erst der Klageweg beschritten werden muss, damit die Reformbemühungen des Gesetzgebers auch verwirklicht werden können“, sagte er.
Aufgrund des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses werden seit 1. April 2017 die psychotherapeutische Akutbehandlung und die psychotherapeutische Sprechstunde laut Einheitlichem Bewertungsmaßstab (EBM) mit jeweils 406 Punkten je vollendete 25 Minuten vergütet. Dieser Betrag liegt unter der Honorierung für die bereits gut eingeführte, langfristig angelegte Richtlinientherapie.
In der vergangenen Woche hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) bereits Klage gegen den Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingereicht. Auch die KBV bemängelt, mit der vorgesehenen Honorierung werde der gesetzliche Auftrag torpediert, psychisch kranken Patienten schnell eine psychotherapeutischen Behandlung anzubieten. Der hohe Mehraufwand für die Vertragspsychotherapeuten müsse adäquat vergütet werden, so die KBV.
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