Pflegebeauftragte: Haushaltshilfe für Pflegebedürftige „im Einzelfall“

Berlin – Die Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Katrin Staffler (CSU), hat sich dafür ausgesprochen, die Leistungen für Haushaltshilfen im Pflegegrad 1 von aktuell 131 Euro künftig nicht mehr allen Pflegebedürftigen zu zahlen.
„Ob und welche Haushaltshilfe im Einzelfall wirklich sinnvoll ist, sollte künftig bei der Begutachtung individuell festgelegt werden“, sagte Staffler dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der sogenannte Entlastungsbetrag müsse dem Ziel dienen, die Selbstständigkeit zu Hause so lange wie möglich zu erhalten.
„Was aus meiner Sicht nicht hilfreich wäre, wenn das Geld dazu verwendet wird, dass jemand anderes die Wohnung putzt, während der Pflegebedürftige, für den Aktivierung möglicherweise hilfreich wäre, nur auf der Couch hockt“, führte die CSU-Politikerin aus. Das berge die Gefahr, noch immobiler zu werden. Gerade Bewegung sei im Alter enorm wichtig, um den Kreislauf zu stärken und dem Muskelabbau entgegenzuwirken.
Der Sprecher der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, entgegnete: „Putzen ist keine Physiotherapie. Deshalb sind die Äußerungen der Pflegebevollmächtigten für hunderttausende hilfebedürftige Menschen verletzend.“
Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 könnten selbst über ihren Unterstützungsbedarf entscheiden. „Haushaltshilfen, Einkaufshilfen, Betreuungsangebote in Demenzgruppen, Tages- und Nachtpflege und einiges mehr gehen weit über reine Putzhilfe hinaus“, so Brysch.
Der Entlastungsbetrag von monatlich maximal 131 Euro werde nicht bar ausgezahlt, betonte Brysch. So könne das Geld nur für wenige Stunden Entlastung im Monat eingesetzt werden. Der Vorschlag der Pflegebevollmächtigten stärke nicht die Autonomie der Betroffenen, zudem werde mit einer Einzelfallentscheidung ein neues Bürokratiemonster geschaffen.
Ende September waren Überlegungen öffentlich geworden, den Pflegegrad 1 abzuschaffen. Staffler sagte den RND-Zeitungen, die zuständige Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflegereform habe keine solchen Pläne. Es werde aber über die Ausgestaltung gesprochen. So könne der Medizinische Dienst künftig nicht nur die Begutachtung übernehmen, sondern auch Empfehlungen geben, wie der Gesundheitszustand verbessert werden kann.
Hintergrund der Vorschläge ist das Defizit der Pflegeversicherung. Es lag im vergangenen Jahr bei 1,65 Milliarden Euro. Der Bundesrechnungshof erwartet für das kommende Jahr einen Anstieg auf 3,5 Milliarden Euro und eine weitere Erhöhung in den Folgejahren.
Staffler schlug vor, dass der Bund die Kosten für die Ausbildung in der Pflege im Gesamtumfang von 1,7 Milliarden Euro übernimmt. Heimbewohner könnten damit um je rund 130 Euro im Monat entlastet werden, sagte sie den RND-Zeitungen.
Die Bundesländer forderte sie auf, ihrer Verpflichtung nachzukommen, die Investitionskosten für Instandhaltung und Modernisierung zu übernehmen. Dadurch könnten Heimbewohner um weitere 500 Euro entlastet werden.
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