Politik

Pflege­bevollmächtigte für Heilkundeübertragung

  • Dienstag, 10. Oktober 2023
Claudia Moll, Arne Friedrich, Uwe Janssens, Heidi Hohner, Sabrina Roßius (v.li.n.re.)
Claudia Moll, Arne Friedrich, Uwe Janssens, Heidi Hohner, Sabrina Roßius (v.li.n.re.)

Berlin – Der Arztvorbehalt ist in vielen Bereichen nicht mehr zeitgemäß. Das hat Claudia Moll, Pflegebevoll­mächtigte der Bundesregierung, gestern betont. Eine Heilkundeübertragung auf nicht ärztliche Gesundheits­berufe könne für modernere Strukturen sorgen. Dafür müssten aber die Berufsgesetze angepasst werden.

„Nur als Team gelingt Erfolg“ – zu diesem Ergebnis kamen Moll und weitere Vertreter der Pflegeberufe bei der Veranstaltung „Was haben Fußball und Pflege gemeinsam?“. Ein eigenständiges, interdisziplinäres Arbeiten auf Augenhöhe und die Aufweichung alter Strukturen seien ein wesentlicher Schlüssel, um eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung auch in Zukunft zu gewährleisten.

„Im Fußball zeigt sich, wie wichtig das gute Zusammenspiel auf und neben dem Rasen ist, um erfolgreich zu sein“, erläuterte Moll den Hintergrund des Titels. „Dieser Grundsatz muss auch im Gesundheitswesen noch stärker verankert werden.“

„Erfolge erzielt man nur gemeinsam, als Mannschaft“, unterstützte auch Arne Friedrich, ehemaliger Fußball­nationalspieler, die Worte von Moll und machte die Parallele zwischen Fußball und Pflege deutlich.

Im Gesundheitsbereich müsse man zusammenarbeiten und ausreichend kommunizieren. Nur so könne man gemeinsame Ziele erreichen und den Patienten gerecht werden, erklärte die Pflegebevollmächtigte. Dies gelte sowohl für Ärzte und Pflegepersonal, aber auch für Therapeuten und alle weiteren Fachkräfte, die am Heilungsprozess beteiligt sind.

Die Kompetenz jedes Einzelnen viel stärker zu berücksichtigen und einzubeziehen – dafür setzte sich Uwe Janssens, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin in Eschweiler, ein.

Die Ärzte könnten die Prozesse gar nicht allein gestalten, das funktioniere nur gemeinsam. Vor allem die Pflege­kräfte hätten oftmals viel tiefere Einblicke in den Gesamtzustand des Patienten, weil sie ihn sehr viel enger betreuten.

Dies bestätigten auch Heidi Hohner, leitende Physiotherapeutin im Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, und Sabrina Roßius, Pflegefachkraft und -managerin sowie Geschäftsführerin des Bundesverbands Pflege­management, aus dem eigenen Berufsalltag. Eine funktionierende Versorgung könne jedoch nur gelingen, wenn an den Strukturen gearbeitet werde, gaben beide zu verstehen.

„Wir wollen mehr Interprofessionalität, aber die Strukturen sind veraltet und durch den Arztvorbehalt ge­prägt“, sagte Moll. „Die Gesundheitsfachberufe sollten viel eigenständiger und unabhängiger arbeiten.“ Das ärztezentrierte Gesundheitssystem sei nicht mehr zeitgemäß und müsse sich verändern, hierarchische Struk­turen müssten aufgeweicht werden.

Gemeinsam mit den anderen Vertretern gab Moll zu verstehen: „Hier müssen alle ran: Gesetzgeber, die Länder, die Berufskammern, Berufsverbände und weitere.“ Es müsse an neuen Strukturen mit einer effizienteren und effektive­ren Aufgabenverteilung gearbeitet werden, um die flächendeckende Versorgung auch in Zukunft sicherstellen zu können. Man warte nun auf entsprechende Gesetzesinitiativen des Bundesgesundheits­minis­teriums (BMG) und müsse anschließend weiter ansetzen, so Moll.

Auch Janssens forderte die Politik auf, die Verantwortlichkeiten „glasklar“ zu definieren. Ebenso mahnte er die Berufsverbände dazu an, sich in dieser Sache noch stärker umzuorientieren.

Rückendeckung kam heute vom Deutschen Pflegerat (DPR). „Ein modernes Gesundheitssystem baut auf Interpro­fessionalität“, sagte DPR-Präsidentin Christine Vogler. Deutschland sei da „noch Entwicklungsland“. Sie monierte, die Kompetenzen der Pflegefachpersonen würden nicht voll genutzt. „Die Grundlagen dafür, dass Pflegefachperso­nen Heilkunde selbstständig leisten dürfen, müssen kommen. Nur so ist unser System überlebensfähig.“

nfs

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