Pflegepersonaluntergrenzen werden unterschiedlich bewertet

Berlin – Zu unterschiedlichen Sichtweisen und Positionen hinsichtlich Pflegepersonaluntergrenzen kommen GKV-Spitzenverband und Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) in ihrem gemeinsamen Bericht über die Auswirkungen der Pflegepersonaluntergrenzen in den pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern. Die gesetzlich vorgesehene Evaluation liegt als Unterrichtung durch die Bundesregierung (20/10810) vor.
Der GKV-Spitzenverband betont, in den vergangenen Jahren sei mit der Umsetzung der Pflegepersonaluntergrenzen (PpUG) eine Aufmerksamkeit und Transparenz in der Pflege im Krankenhaus erreicht worden, die es vorher in dem Maße nicht gegeben habe. Mit Einführung der PpUG seien in vielen Krankenhäusern erstmals Daten der Patientenbelegung und Personalbesetzung von Stationen zusammengeführt worden.
Mit Blick auf die Einhaltung sei erkennbar, dass die PpUG im Monatsdurchschnitt weitgehend eingehalten würden – der durchschnittliche Personal-Patienten-Schlüssel liege deutlich über der Untergrenze.
„Besorgniserregend“ sei aber, dass der Analyse zufolge 15 Prozent der Schichten unterbesetzt sind. In einigen pflegesensitiven Bereichen – wie in der speziellen Pädiatrie und in der Schlaganfallversorgung – ist sogar eine Unterbesetzung in etwa jeder fünften Schicht zu verzeichnen.
Vom GKV-Spitzenverband wird darauf hingewiesen, dass Krankenhäuser über „gewisse Handlungsspielräume im Aufbau des Pflegepersonals oder der Fallzahlenreduzierung“ verfügen, um die PpUG einzuhalten. Laut den Ergebnissen des begleitenden IGES-Berichts werde dies auch getan: 38 Prozent der Befragten gaben an, wegen der PpUG mehr Personal eingestellt zu haben, und rund 62 Prozent der befragten Standorte haben aktiv Betten gesperrt, um die PpUG einzuhalten.
Vor dem Hintergrund der vorgelegten Analyse sei es „notwendig und wichtig, an den PpUG im Sinne des Patientenschutzes festzuhalten und diese auf alle übrigen Krankenhausbereiche auszuweiten“, so der GKV-Spitzenverband.
„Grundlegend sind die Pflegepersonaluntergrenzen als nicht sach- und bedarfsgerecht zu bezeichnen“, zieht hingegen die DKG ein negatives Fazit. So werde beispielsweise der Bedarf an Pflegekräften sowie die Pflegequalität „nicht bedarfsgerecht und daher nicht adäquat“ abgebildet. Notwendige Faktoren wie Entlastung und ein gelungener Qualifikationsmix unter dem tätigen Pflegepersonal würden ebenfalls außer Acht gelassen.
Mit Blick auf den Fachkräftemangel in den Krankenhäusern würden die PpUG Sprengkraft für interne Prozesse und das interne Betriebsklima bergen, da das vorhandene Personal ein- und umgesetzt werden müsse, um eine Verletzung der PpUGV zu vermeiden. Zudem kritisiert die DKG den bürokratischen Aufwand – bei Dokumentation und Controlling sei derzeit ein erheblicher personeller Mehraufwand zu verzeichnen.
Aus Sicht der DKG liegt mit der aktualisierten Pflegepersonalregelung (PPR 2.0) ein wissenschaftlich evaluiertes und praktisch erprobtes Pflegepersonalbedarfsbemessungsinstrument vor, das die PpUG „sofort“ ersetzen könnte.
Damit wäre ein bedarfsgerechtes Instrument gegeben, das eine bürokratiearme Dokumentation sicherstellen und zugleich die Personalplanung an die Versorgungsrealität vor Ort in den Krankenhäusern anpassen könne, hieß es. Hinzu komme, dass insbesondere die Weiterentwicklungsfähigkeit der PPR 2.0 zulässt, Faktoren wie den Qualifikationsmix bei der angemessenen Personalplanung zu berücksichtigen.
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