Plädoyer für Wettbewerb bei Patientenakten

Berlin – Der Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg) hat Bestrebungen kritisiert, nur die Krankenkassen als Anbieter von elektronischen Patientenakten (ePA) in den Blick zu nehmen. Damit wandte sich der Verband, der die führenden IT-Anbieter im Gesundheitswesen in Deutschland vertritt, auch gegen einen Beschluss des Verwaltungsrates des GKV-Spitzenverbandes vom 30. August, in dem der Gesetzgeber aufgefordert wird, klarzustellen, „dass die elektronische Patientenakte ausschließlich durch Krankenkassen angeboten wird“.
Aus Sicht des bvitg ist es zwar zu begrüßen, dass die Krankenkassen die Einführung einer auf internationalen Standards beruhenden ePA als zentralen Baustein der Telematikinfrastruktur (TI) weiter vorantreiben und dabei auch die Möglichkeit der Portabilität der Patientendaten bei einem Kassenwechsel sicherstellen wollen. Eine Eingrenzung des Anbieterkreises aber lehnt der bvitg „als einen starken Eingriff in die freie Marktwirtschaft, der einen fairen Wettbewerb unter den Aktenanbietern am Markt verhindert“, strikt ab.
Der Hintergrund: Neben den Projekten einzelner Krankenkassen gibt es bereits mehrere Lösungen für elektronische Akten, die von Softwareherstellern – teilweise in Zusammenarbeit mit Krankenkassen oder auch ohne eine solche Kooperation – angeboten werden. Weitere Aktenprojekte gibt es darüber hinaus in Kliniken, wie etwa die elektronische Fallakte.
„Anstatt diese bestehenden Projekte und damit zahlreiche Innovationen im Keim zu ersticken, sollte der Gesetzgeber entsprechende Voraussetzungen für innovative und faire Marktbedingungen schaffen und garantieren“, erklärte Sebastian Zilch, Geschäftsführer vom bvitg. Alle elektronischen Aktenmodelle können dem Verband zufolge nach den Spezifikationen der für die TI verantwortlichen Betreibergesellschaft gematik weiterentwickelt und zugelassen werden.
Der Verband fordert zudem mehr Mitsprache bei der Entwicklung: „Bei der Diskussion um die Ausgestaltung von Akten muss die Industrie einbezogen werden“, meinte Zilch. Schließlich sei eine Einbindung, etwa in die Primärsysteme, für den Erfolg aller Aktenlösungen unabdingbar.
In seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) hatte der bvitg zuvor angemahnt, dass der freie Markt für digitale Lösungen nicht benachteiligt werden darf, und gefordert, dass die Versicherten ihre Akten frei wählen dürfen und die dafür entstehenden Kosten erstatten werden sollten. Dies bedeutet auch eine gleichberechtigte Finanzierung, sollte sich ein Versicherter gegen das Angebot seiner Krankenkasse entscheiden. Für Ärzte sollte eine Vergütung unabhängig vom Anbieter möglich sein.
Gegen die Einschränkung der Wahlfreiheit
Auch die Bundesärztekammer (BÄK) hatte sich in ihrer Stellungnahme zum TSVG-Entwurf gegen die Exklusivität der Krankenkassen als ePA-Anbieter ausgesprochen. Dies sei „in einem wettbewerblich ausgerichteten Gesundheitswesen nicht adäquat und schränkt Wahlrechte des Versicherten in einem nicht zu akzeptierendem Maße ein“.
Die Bundesärztekammer plädiert daher dafür, dass der Gesetzgeber dem Versicherten einen Rechtsanspruch auf eine ePA gemäß § 291a Sozialgesetzbuch V gegenüber seiner Kasse garantieren sollte, dies aber die Wahlmöglichkeit für Versicherte beinhalten sollte, sich für einen ePA-Anbieter ihrer Wahl – etwa von einer Krankenkasse, einem Ärztenetz oder einem anderen Anbieter – zu entscheiden.
Dieses Wahlrecht kann laut BÄK jedoch nur dann wirksam werden, wenn die Nutzung der Akte für den Versicherten kostenfrei, das heißt „ökonomisch diskriminierungsfrei“ ist. Ziel sollte es aus Sicht der BÄK sein, dass der Versicherte sich den Anbieter seines Vertrauens aussuchen kann und nicht die ePA seiner Krankenkasse für ihn alternativlos ist.
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