Ärzteschaft

Plus bei Arztzahlen deckt Bedarf in Bayern nicht

  • Montag, 7. Oktober 2024
/N Felix, peopleimages.com, stock.adobe.com
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Lindau – In Bayern ist die Zahl der berufstätigen Ärzte im vergangenen Jahr von 94.378 auf 96.590 – um rund 2,3 Prozent – gestiegen. Das geht aus dem neuen Tätigkeitsbericht der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) hervor, der zum 83. Bayerischen Ärztinnen- und Ärztetag in Lindau Anfang Oktober erschienen ist.

Die Zahl der Ärzte erhöhte sich demnach um 1,6 Prozent und die der Ärztinnen um 3,1 Prozent. „Der Anstieg der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte in Bayern liest sich wie eine Erfolgsgeschichte, verdeckt aber einige beunruhigende Trends“, hieß es aus der Kammer.

Die demografische Entwicklung, neue Behandlungsmöglichkeiten und andere Arbeitszeitmodelle für Ärztin­nen und Ärzte führten dazu, dass mehr Personen für die Versorgung notwendig seien. „Insgesamt kann das derzeitige Wachstumsniveau der Arztzahlen den Trend zur Teilzeittätigkeit sowie die demographischen He­rausforderungen nicht ausgleichen“, lautet das Fazit der Kammer.

Von allen Ärztinnen und Ärzten waren 29.777 (Vorjahr: 29.202) oder 30,8 Prozent in einer Praxis und 36.028 (Vorjahr: 34.649) oder 37,3 Prozent im stationären Bereich tätig. 6,1 Prozent oder 5.932 (Vorjahr: 5.857) entfie­len auf weitere Tätigkeitsfelder wie Öffentlicher Gesundheitsdienst (ÖGD) oder Bundeswehr.

Von den 29.777 in einer Praxis tätigen Ärzte waren 10.894 angestellt (Vorjahr: 10.020). Die Gruppe „Ange­stellte Ärzte in einer Praxis“ macht damit 36,6 Prozent aller Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Sektor aus und stieg gegenüber dem Vorjahr um 8,7 Prozent.

In Krankenhäusern waren 17.276 (Vorjahr: 16.676) Ärzte mit einer Facharztbezeichnung und 16.406 (Vorjahr: 15.672) Ärzte ohne Facharztbezeichnung tätig. Der Altersdurchschnitt liegt im ambulanten Bereich bei 53,96 Jahren und im stationären Bereich bei 43,21 Jahren.

Mit dem Tätigkeitsbericht 2023/24 legt die BLÄK auch Rechenschaft über ihre Tätigkeiten vom Juni 2023 bis Ende Mai 2024 ab. „In Zeiten des digitalen Wandels sowie Fachkräftemangels gilt es sich weiter zukunftsfähig und den Aufgaben entsprechend aufzustellen, um die hoheitlichen Pflichten zu erfüllen“, sagte BLÄK-Präsi­dent Gerald Quitterer. Dafür habe die Kammer die Strategie „BLÄK 2028: Fit für die Zukunft“ aufgesetzt.

„Wir gehen weg vom Papier, wir digitalisieren unsere Arbeitsprozesse und stellen effiziente Strukturen in der Organisation sicher – gerade im so wichtigen Bereich der ärztlichen Fort- und Weiterbildung“, erläuterte er. So wolle die BLÄK ihre Mitglieder künftig schneller und bedarfsgerechter unterstützen und die Servicequalität sowie Transparenz verbessern.

Im vergangenen Jahr gingen bei der BLÄK 4.209 Anträge auf Anerkennung einer Qualifikation nach der Wei­ter­bildungsordnung ein, etwa einer Facharzt-Schwerpunkt-, oder einer Zusatzbezeichnung. Insgesamt hat die BLÄK im Tätigkeitszeitraum 81.762 Fortbildungsveranstaltungen anerkannt.

Im Bereich der ärztlichen Fort- und Weiterbildung hat die BLÄK ihren Video-Content stark ausgebaut. Zahl­reiche Tutorials zur neuen Weiterbildungsordnung sowie Video-Fortbildungen stehen zur Verfügung. Im Be­richtszeitraum hat die BLÄK außerdem 2.383 Fachsprachenprüfungen bei ausländischen Ärztinnen und Ärzten abgenommen.

Kritik gab es aus Bayern an zahlreichen Vorhaben des Gesetzgebers in Berlin. Vor allem bei der Förderung von Ärztinnen und Ärzten und der Krankenhausreform bewege sich nichts mehr, kritisierte Quitterer heute in München vor dem Bayerischen Ärztetag am Wochenende in Lindau am Bodensee. Er habe den Eindruck, vor allem die Förderung von Praxen sei „völlig hinten runtergefallen“, sagte Quitterer.

In den Plänen für das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz sei vieles enthalten, wovon Praxen profitieren könnten, erklärte er. Doch die Kritik von Fachorganisationen und auch von Bundesländern habe weniger zu Nachbesserungen am Gesetzentwurf geführt als zu einem Stillstand, beklagte Bayerns Ärztekammerpräsident.

Das Gleiche gelte für die Pläne zu einer umfassenden Krankenhausreform. BLÄK-Vizepräsident Andreas Botzlar warnte erneut vor einem „ungeordneten Kliniksterben“, wenn sich bei der Krankenhausreform nicht schnell etwas bewege. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hatte angekündigt, er wolle die Bezahlung der Kliniken weit stärker danach ausrichten, wo Krankenhäuser gebraucht würden und welche Qualität sie erbrächten.

Gleichzeitig soll die Bezahlung nach der Menge der erbrachten Leistungen künftig eine deutlich geringere Rolle spielen. Botzlar geht das aber nicht weit genug. Botzlar forderte, die Bezahlung nach Fallpauschalen müsse durch ein System ersetzt werden, bei dem Krankenhäuser ihre tatsächlichen Kosten komplett bezahlt bekämen.

Die Landesärztekammer will ihre Tagung in Lindau auch nutzen, um bei der Organspende für eine Wider­spruchslösung zu werben. Das hieße, dass grundsätzlich jeder Organspender ist, der nicht ausdrücklich widerspricht. Ziel ist, die Zahl der Organspenden zu steigern. Auch Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) hatte sich zuletzt für eine Widerspruchslösung starkgemacht.

Im Bundestag hatte es in den vergangenen Jahren immer wieder Debatten über eine entsprechende Gesetzesänderung gegeben. Es hat sich bislang dafür aber nie eine politische Mehrheit gefunden.

hil/dpa

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