Politik

Psychiatrie und Psychosomatik nicht auf Agenda der Krankenhaus­kommission

  • Montag, 22. August 2022
/dpa
/dpa

Berlin – Eine Regierungskommission befasst sich derzeit mit einer Reihe von Aspekten zur Modernisierung der Krankenhauslandschaft. Die Probleme der psychiatrischen Einrichtungen stehen nicht als Einzelaspekte auf der Agenda. Das ist der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Union im Bundestag zu entnehmen. Das Papier liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor.

Die Regie­rungs­kommission bearbeitet demnach derzeit diverse Themen. Nach Informationen des Bundesmi­nis­teriums für Gesundheit (BMG) gehören dazu unter anderem die Aspekte „moderne und bedarfsgerechte Krankenhaus­struk­tur und -versorgung“ und die „bundesein­heitliche Definition von Versorgungsstufen und Leistungs­grup­pen“. Da­rüber hinaus geht es um Konzepte, wie Erreichbarkeit und demografische Entwicklung für die Kran­ken­haus­planung berücksichtigt werden können.

Die Fachleute befassen sich zudem mit Fragen der bedarfsgerechten Krankenhausstruktur, der zielgenauen Steigerung der Versorgungsqualität, der Entwicklung einer dauerhaft tragfähigen Investitions­fi­nan­zierung im Krankenhausbereich und der Weiterentwicklung der Krankenhausfinanzierung.

Bei allen Fragen der Kommission dreht es sich um die Krankenhauslandschaft insgesamt, stellt die Regierung klar. Das be­deu­te, dass alle Arbeitsfelder des Gremiums voraussichtlich „auch die Fächer Psy­chiatrie und Psy­cho­somatik be­rühren“, schreibt Edgard Franke, Parlamentarischer Staats­sekretär im BMG.

Er betonte zugleich, dass sich die Regierungskommission ausschließlich mit der Lage und Zukunft der psy­chi­atrischen und psychosomatischen Kranken­häuser und deren spezifischen Prob­lem­lagen beschäftigen werde, sei derzeit „nicht geplant“. Es sei „für die Zukunft“ aber auch „nicht ausgeschlos­sen“.

Kritik der Opposition

Der Opposition reicht das nicht aus. Stephan Pilsinger (CSU), der für das Krankenhauswesen zuständige Be­richter­statter der Unionsfraktion im Bundestag, spricht von „Ignoranz“. Dass sich die Reformkommission zur Zukunft der Krankenhäuser absehbar nicht gesondert mit den psychia­trischen und den psychosomatischen Krankenhäusern beschäftigen werde, sei „der Gipfel der Realitäts­verwei­gerung“.

Pilsinger verweist auf die Aussagen von Fachverbänden und Personal. Diese hätten ihm gegenüber kriti­siert, dass die Vorgaben der „Richtlinie über die personelle Ausstattung der stationären Einrichtungen der Psy­chia­trie und Psychosomatik“ (PPP-RL) zu starr seien. So seien etwa die Per­so­nalvorgaben nicht einzuhalten, auch könnten die gravierenden Sanktionen, wenn Vorgaben nicht einge­hal­ten werden könnten, im schlimms­ten Fall „existenzbedrohend“ werden. Die Nachweispflichten seien extrem aufwendig und praxisfern.

„Die Kritik der Fachverbände und Kliniken an der PPP-RL wurde unzureichend reflektiert“, erklärte auch Diana Stöcker (CDU), die für Psychiatrie und Psychotherapie zuständige Berichterstatterin der Unionsfraktion im Parlament. „In zahlreichen Gesprächen mit Kliniken und Ärzten habe ich mir ein Bild über die Auswirkungen der Richtli­nie gemacht“, erklärte sie. Die rigiden Personalvorgaben ließen „eben gerade keinen Spielraum“ und der zu­sätzl­iche Dokumentationsaufwand „bereite den Akteuren ernste Sorgen“. Die Auswirkungen der PPP-RL lägen aus Sicht der betroffenen Akteure auf der Hand.

Das Ministerium stellte hingegen klar, dass die am 19. September 2019 vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossene PPP-RL nicht zu be­anstanden gewesen sei. Rechtsverstöße seien nicht festge­stellt worden. Darüber hinaus sei man „nicht befugt“, vom G-BA ge­trof­fene medizinisch-fachliche Bewertungen durch eigene, gegebenenfalls abweichende fachliche Einschätzun­gen zu ersetzen. Der G-BA sei daher in die Beant­wortung der Fragen der Union einge­bunden gewesen.

Eine Hauptkritik an der PPP-RL, dass die Vorgaben für die Personalplanung zu regide seien, will das Ministe­ri­um nicht gelten lassen. Die PPP-RL lasse eine „Vielzahl von Handlungsalternativen“ zu, heißt es in der Ant­wort. Eine flexible Personalplanung sei durchaus möglich. Darüber hinaus sei die PPP-RL in der ständigen Ent­wick­lung.

So überprüfe der G-BA zum Beispiel zurzeit etwa die nor­mier­ten Minutenwerte insbesondere für Ärzte und Psychotherapeuten. „Ein Abschluss der Bera­tun­gen und damit verbundene etwaige Anpassungen sind bis zum 30. September 2022 vorgesehen“, schreibt Franke, der darauf verweist, dass die Richtlinie erforderlich ist, um künftig Ver­besserungen in der Versorgung zu erzielen.

Die PPP-RL legt Maßnahmen zur Sicherung der Qualität in der psychiatrischen, kinder- und jugendpsy­chi­a­trischen und psychosomatischen Versorgung fest. Dazu werden insbesondere verbindliche Mindest­vorgaben für die Personalausstattung bestimmt. Diese Mindestvorgaben sollen laut Richtlinie einen Beitrag zu einer leitliniengerechten Behandlung leisten.

Krankenhausverbände und andere haben die PPP-RL immer wieder kritisiert. Wegen der Coronapande­mie hatte der G-BA die Richtlinie im Oktober 2020 angepasst, unter anderem sollen die bei Nichterfüllen der Richtlinie vorgesehenen Sanktionen erst ab dem 1. Januar 2022 gelten.

may

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung