Psychiatrie und Psychosomatik nicht auf Agenda der Krankenhauskommission

Berlin – Eine Regierungskommission befasst sich derzeit mit einer Reihe von Aspekten zur Modernisierung der Krankenhauslandschaft. Die Probleme der psychiatrischen Einrichtungen stehen nicht als Einzelaspekte auf der Agenda. Das ist der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Union im Bundestag zu entnehmen. Das Papier liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor.
Die Regierungskommission bearbeitet demnach derzeit diverse Themen. Nach Informationen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) gehören dazu unter anderem die Aspekte „moderne und bedarfsgerechte Krankenhausstruktur und -versorgung“ und die „bundeseinheitliche Definition von Versorgungsstufen und Leistungsgruppen“. Darüber hinaus geht es um Konzepte, wie Erreichbarkeit und demografische Entwicklung für die Krankenhausplanung berücksichtigt werden können.
Die Fachleute befassen sich zudem mit Fragen der bedarfsgerechten Krankenhausstruktur, der zielgenauen Steigerung der Versorgungsqualität, der Entwicklung einer dauerhaft tragfähigen Investitionsfinanzierung im Krankenhausbereich und der Weiterentwicklung der Krankenhausfinanzierung.
Bei allen Fragen der Kommission dreht es sich um die Krankenhauslandschaft insgesamt, stellt die Regierung klar. Das bedeute, dass alle Arbeitsfelder des Gremiums voraussichtlich „auch die Fächer Psychiatrie und Psychosomatik berühren“, schreibt Edgard Franke, Parlamentarischer Staatssekretär im BMG.
Er betonte zugleich, dass sich die Regierungskommission ausschließlich mit der Lage und Zukunft der psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäuser und deren spezifischen Problemlagen beschäftigen werde, sei derzeit „nicht geplant“. Es sei „für die Zukunft“ aber auch „nicht ausgeschlossen“.
Kritik der Opposition
Der Opposition reicht das nicht aus. Stephan Pilsinger (CSU), der für das Krankenhauswesen zuständige Berichterstatter der Unionsfraktion im Bundestag, spricht von „Ignoranz“. Dass sich die Reformkommission zur Zukunft der Krankenhäuser absehbar nicht gesondert mit den psychiatrischen und den psychosomatischen Krankenhäusern beschäftigen werde, sei „der Gipfel der Realitätsverweigerung“.
Pilsinger verweist auf die Aussagen von Fachverbänden und Personal. Diese hätten ihm gegenüber kritisiert, dass die Vorgaben der „Richtlinie über die personelle Ausstattung der stationären Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik“ (PPP-RL) zu starr seien. So seien etwa die Personalvorgaben nicht einzuhalten, auch könnten die gravierenden Sanktionen, wenn Vorgaben nicht eingehalten werden könnten, im schlimmsten Fall „existenzbedrohend“ werden. Die Nachweispflichten seien extrem aufwendig und praxisfern.
„Die Kritik der Fachverbände und Kliniken an der PPP-RL wurde unzureichend reflektiert“, erklärte auch Diana Stöcker (CDU), die für Psychiatrie und Psychotherapie zuständige Berichterstatterin der Unionsfraktion im Parlament. „In zahlreichen Gesprächen mit Kliniken und Ärzten habe ich mir ein Bild über die Auswirkungen der Richtlinie gemacht“, erklärte sie. Die rigiden Personalvorgaben ließen „eben gerade keinen Spielraum“ und der zusätzliche Dokumentationsaufwand „bereite den Akteuren ernste Sorgen“. Die Auswirkungen der PPP-RL lägen aus Sicht der betroffenen Akteure auf der Hand.
Das Ministerium stellte hingegen klar, dass die am 19. September 2019 vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossene PPP-RL nicht zu beanstanden gewesen sei. Rechtsverstöße seien nicht festgestellt worden. Darüber hinaus sei man „nicht befugt“, vom G-BA getroffene medizinisch-fachliche Bewertungen durch eigene, gegebenenfalls abweichende fachliche Einschätzungen zu ersetzen. Der G-BA sei daher in die Beantwortung der Fragen der Union eingebunden gewesen.
Eine Hauptkritik an der PPP-RL, dass die Vorgaben für die Personalplanung zu regide seien, will das Ministerium nicht gelten lassen. Die PPP-RL lasse eine „Vielzahl von Handlungsalternativen“ zu, heißt es in der Antwort. Eine flexible Personalplanung sei durchaus möglich. Darüber hinaus sei die PPP-RL in der ständigen Entwicklung.
So überprüfe der G-BA zum Beispiel zurzeit etwa die normierten Minutenwerte insbesondere für Ärzte und Psychotherapeuten. „Ein Abschluss der Beratungen und damit verbundene etwaige Anpassungen sind bis zum 30. September 2022 vorgesehen“, schreibt Franke, der darauf verweist, dass die Richtlinie erforderlich ist, um künftig Verbesserungen in der Versorgung zu erzielen.
Die PPP-RL legt Maßnahmen zur Sicherung der Qualität in der psychiatrischen, kinder- und jugendpsychiatrischen und psychosomatischen Versorgung fest. Dazu werden insbesondere verbindliche Mindestvorgaben für die Personalausstattung bestimmt. Diese Mindestvorgaben sollen laut Richtlinie einen Beitrag zu einer leitliniengerechten Behandlung leisten.
Krankenhausverbände und andere haben die PPP-RL immer wieder kritisiert. Wegen der Coronapandemie hatte der G-BA die Richtlinie im Oktober 2020 angepasst, unter anderem sollen die bei Nichterfüllen der Richtlinie vorgesehenen Sanktionen erst ab dem 1. Januar 2022 gelten.
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