Qualitätssicherung: Weitere Daten für bessere Qualität benötigt

Berlin – Um eine bessere Qualität in der stationären Versorgung zu erreichen, sollten für Qualitätssicherungsmaßnahmen weitere Daten hinzugezogen werden. Zudem braucht es eine Verknüpfung erhobener Daten sowie einen verstärkten Fokus auf die Patientensicht. Krankenhäuser sollen zudem einen entsprechenden finanziellen Anreiz erhalten, die Qualitätssicherung zu verbessern.
Das empfiehlt die Regierungskommission Krankenhaus in ihrer zuletzt vorgelegten siebten Stellungnahme zur Weiterentwicklung der Qualitätssicherung und des Qualitäts- sowie des klinischen Risikomanagements.
Das Ziel des 43-seitigen Dokuments ist kurz gefasst mehr Qualität und weniger Bürokratie. Außerdem sieht die Stellungnahme unter anderem auch Empfehlungen für die Zertifizierung und der Weiterentwicklung des einrichtungsinternen Qualitätsmanagements (QM-RL) vor.
Wichtig ist der Kommission, dass bereits bestehende Instrumente der Qualitätssicherung auf den Prüfstand gestellt oder bei Bedarf weiterentwickelt werden sollten. „Wo notwendig und sinnvoll müssen diese abgeschafft oder neue hinzugenommen werden“, heißt es.
Die Stellungnahme der Kommission bettet sich in den aktuell laufenden Krankenhausreformprozess ein, der die Qualität der stationären Versorgung mithilfe verschiedener Instrumente verbessern soll.
Denkanstöße hinsichtlich der Qualitätssicherung sollen der Kommission zufolge insbesondere vom Konzept des „Value Based Health Care“ kommen. Dieser Begriff erklärt einen Gesundheitswettbewerb, in dem sich Leistungserbringer in Netzwerken organisieren und dafür belohnt werden, dass sie für definierte Patientengruppen besonders gute Gesundheitsergebnisse zu möglichst niedrigen Kosten erzielen.
Konkret sollen dafür einerseits bereits erhobene Daten stärker zur Qualitätssicherung eingebunden werden, andererseits sollen perspektivisch auch neue Daten erhoben und genutzt werden, um die Qualität in den Krankenhäusern sicherzustellen, schreibt die Kommission. Zu den bereits vorhandenen Daten zählen unter anderem Abrechnungs- und Sozialdaten der Krankenkassen.
Mit diesen bereits vorhandenen Daten sollte ein niedrigschwelliges Qualitätsmonitoring entwickelt werden, das die Feststellung von Indikationsgebieten mit hoher Krankheitslast ermöglicht, für die weitergehende Erkenntnisse über die Qualität notwendig erscheinen. Insbesondere internistische und chronische Erkrankungen sollten dabei beachtet werden, fordert das 17-köpfige Gremium.
Patientensicht messen und stärker einbeziehen
Der Fokus soll dabei künftig auf Behandlungsqualität und Patientenoutcome liegen. Die Patientenperspektive könne mittels Messung des von Patienten berichteten Outcomes (PROMs) und ihren Erfahrungen mit Prozessen im Rahmen der Gesundheitsversorgung (PREMs) erhoben werden.
Diese Daten würden einen gewissen Aufwand darstellen, aber auch die Behandlungsqualität verbessern, hieß es. Deshalb müssten Gesundheitseinrichtungen einen Anreiz erhalten, diese Daten zu erheben. Dies könne etwa durch die Einführung einer Dokumentationspauschale funktionieren, schlägt die Kommission vor.
Weiter verspricht sich die Kommission viel von den künftigen Daten aus der elektronischen Patientenakte (ePA). Auch Informationen aus den medizinischen und klinischen Registern sollen künftig an einer Stelle zusammenlaufen und könnten damit eine „hochwertige Quelle für eine bürokratiearme Qualitätssicherung“ sein. Allerdings ist es unklar, ab wann entsprechende Daten tatsächlich in der Fläche genutzt werden könnten.
Die ePA wird derzeit von lediglich einem Prozent der gesetzlich Krankenversicherten genutzt, soll ab 2025 aber durch eine Umstellung des Opt-in auf ein Opt-out-Verfahren von deutlich mehr Menschen genutzt werden. Zudem liegen in den aktuellen digitalen Akten insbesondere PDF-Dokumente, die noch keine strukturierte Datenerhebung- und forschung zulassen.
Der Kommission zufolge sollten künftig darüber hinaus verschiedene versorgungsnahe Daten besser verknüpft werden und damit leichter für die Zwecke der Versorgungs- und Qualitätsforschung dienen. So nennt das Gremium als Beispiel die Verbindung bereits vorhandener GKV-Daten mit Informationen aus klinischen Registern. Zudem sollen „unangemessene Datenschutzvorgaben“ abgebaut werden, fordert die Kommission.
Verpflichtende Datenbereitstellung
Diese Daten sollen insbesondere von der gesetzlichen Krankenversicherung, den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) sowie perspektivisch dem Forschungsdatenzentrum Gesundheit kommen. Letzteres wird derzeit am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgebaut. Diese Akteure sollten dazu verpflichtet werden, umfassende versorgungsnahe Daten mit möglichst geringem Zeitverzug für das Monitoring der Gesundheitsversorgung bereitzustellen.

Als Anreiz sollten Krankenhäuser zudem einen größeren Anteil des geplanten Vorhaltebudgets bekommen, sofern sie unter anderem patientenbezogene Daten (PREM und PROM) nutzen, Methoden einer patientenorientierten Entscheidungsfindung (Shared Decision Making) einführen oder sich freiwillig für Gesundheitsregionen und Versorgungsnetzwerke zertifizieren lassen.
Bis zu zwei Prozent könnten die geplanten 60 Prozent Vorhaltepauschalen entsprechend aufgestockt werden, schlägt die Kommission vor. Eine Übergangsphase soll entsprechend ermöglicht werden, damit die Kliniken Zeit erhalten, einzelne Tools einzuführen und auszubauen. Alle Instrumente und deren Wirksamkeit sollen jährlich evaluiert werden, um Fehlentwicklungen zu erkennen und gegenzusteuern.
Drei unterschiedliche Ebenen berücksichtigen
Wichtig sei demnach eine Ausrichtung der Qualitätsdaten anhand von drei Ebenen. Auf der Makroebene müssten nationale Gesundheits- und Versorgungsziele beachtet werden. Aus diesen sollen unter Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten und Besonderheiten spezifische regionale Versorgungsziele definiert werden (Mesoeebene). Konkret für Patientinnen und Patienten sowie Leistungserbringer sollten auf der Mikroeebene daraus messbare Versorgungsziele abgeleitet werden. Diese Ziele müssten mithilfe von Qualitätsindikatoren operationalisiert werden.
Auf der Zwischenebene, der Mesoeebene, könnten Gesundheitskonferenzen oder Gesundheitsregionen mögliche Foren zur Erarbeitung der Versorgungsziele unter breiter Beteiligung von Bürgern, Patientenvertretung, Selbstverwaltung und Politik dienen.
Ziel ist zudem eine sektorübergreifende und sektorgleiche Versorgungstransparenz. So soll ein patientenorientiertes, bedarfsgerechtes Gesundheitssystem entstehen. Maßnahmen der Qualitätssicherung und des klinischen Risikomanagements sollten im ambulanten und stationären Bereich zunehmend etwa durch vergleichbare Anforderungen an Dokumentation und Datenqualität harmonisiert und angeglichen werden. Auch unterschiedliche Vorgehensweisen zur Qualitätsbewertung der einzelnen Bundesländer sollten verstärkt harmonisiert werden.
In der Stellungnahme verweist die Kommission zudem auf das politisch bereits verhandelte Konzept von Leistungsgruppen. Auf die Einführung dieser hatten sich Bund und Länder im Juli in einem Eckpunktepapier geeinigt.
Die Leistungsgruppen sollen Mindestvoraussetzungen an Strukturqualität, wie etwa das Vorhalten von Personal und technischer Infrastruktur, verbindlich festhalten. Sie sollen zudem an die Abrechnung geknüpft werden. Damit soll die Vergütung künftig nicht mehr allein mengenbezogen erfolgen, sondern sie soll Qualitätsaspekte berücksichtigen, betont die Kommission.
Außerdem befürwortet die Kommission nach wie vor eine Einteilung der Krankenhausstruktur nach Level. Diese hatten Bund und Länder nach gemeinsamen Verhandlungen im Sommer zumindest für die aktive Krankenhausplanung abgelehnt.
Weiterentwicklung der geplanten Bundesinstitute
Die Stellungnahme der Kommission sieht dabei das neu zu gründende Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit in der Rolle, die Entwicklung der Versorgungsziele zu moderieren und die Verantwortung für das Qualitäts- und Versorgungsmonitoring auf der Makroebene, also auf der nationalen Ebene, zu übernehmen.
Den Hut bezüglich der Auswertungen und Darstellung von Qualitätsdaten auf der Meso- und Mikroebene soll das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) aufhaben. Dieses sollte allerdings perspektivisch in ein Bundesinstitut für Qualität, Patientensicherheit und Transparenz übergehen, so der Vorschlag der Kommission.
Das IQTIG soll außerdem Vorschläge zur besseren Zusammenführung von verschiedenen Datensätzen machen. Diesbezüglich könnte eine Weiterentwicklung der aktuellen ICD-Klassifikation nötig werden, um entsprechende Kennzeichnungen etwa von Vorerkrankungen zu etablieren. Damit sollen doppelte Datendokumentationen künftig vermieden werden.
Das IQTIG wird derzeit verpflichtet, entsprechende Daten für das Krankenhaustransparenzverzeichnis zusammenzuführen, zu bewerten und laienverständlich zu veröffentlichen. Hintergrund ist das Krankenhaustransparenzgesetz, das der Bundestag vergangene Woche als ersten Baustein der Krankenhausreform beschlossen hat. Damit soll ein Onlineportal mit verständlichen Informationen über die stationäre Versorgung ab 1. Mai 2024 veröffentlicht werden.
Die Regierungskommission erkennt zwar an, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in den vergangenen Jahren bereits viele Instrumente zur Qualitätssicherung in Form von Richtlinien erlassen hat. Diese „entfalten“ aber bisher nicht „die angestrebten Systemeffekte hin zu einer primär an der Qualität und Angemessenheit der Leistungserbringung ausgerichteten Gesundheitsversorgung“, kritisiert die Kommission.
In den Richtlinien seien teilweise gleichlautende, abweichende oder missverständliche Festlegungen getroffen worden. Dadurch sei eine unübersehbare Menge an Regelungen entstanden, die zu deutlichem bürokratischem Mehraufwand in den Kliniken führten, schreibt die Kommission weiter. Eine Lösung sei es durch Rahmenkonzepte und eine Vernetzung von Richtlinien dies übersichtlicher zu gestalten und deutlich zu entschlacken.
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