Politik

Reform der Reform: Diese Ausnahmen sind für die Krankenhausversorgung geplant

  • Mittwoch, 23. Juli 2025
/picture alliance, Zoonar, Channel Partners
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Berlin – Krankenhäuser sollen künftig nicht mehr maximal drei Jahre von den bundeseinheitlichen Vorgaben der Krankenhausreform abweichen dürfen, sondern in Ausnahmefällen sogar bis zu sechs Jahre. Das sehen erste Eckpunkte zu dem geplanten „Krankenhausanpassungsgesetz“ (KHAG) vor, das die Krankenhausreform nachbessern soll.

Wie aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) verlautbarte, soll in den kommenden Tagen der Gesetzentwurf an die Länder sowie an die betroffenen Verbände zur Stellungnahme verschickt werden.

Man halte an den Zielen – wie im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) formuliert – fest, hieß es, aber eine Grund- sowie Notfallversorgung solle weiterhin auch in ländlichen Regionen erhalten bleiben. Kritik wurde an der Reform immer wieder laut: Vor allem daran, dass die Vorgaben zu starr seien und kleinere Krankenhäuser, die zur wohnortnahen Versorgung benötigt würden, deshalb nicht überleben könnten.

Die Ende 2024 beschlossene Krankenhausreform sieht vor, dass Kliniken künftig nur noch Leistungen erbringen dürfen, für die sie entsprechende Leistungsgruppen von den Bundesländern zugeordnet bekommen haben. Für jede Gruppe gibt es Qualitätsvorgaben, etwa zu der benötigten Zahl an Fachärztinnen und Fachärzten oder zur technischen Ausstattung.

Mit dem neuen Gesetz sollen Krankenhäuser also künftig maximal sechs Jahre von der Zahl der benötigten Fachärztinnen und Fachärzte pro Leistungsgruppe abweichen zu können. Nach sechs Jahren soll die Ausnamefrist aber definitiv beendet werden, heißt es dazu aus Ministeriumskreisen.

Im Gesetzgebungsverfahren sollen zudem noch Anpassungen der Qualitätsvorgaben in den Leistungsgruppen erfolgen. Wo es „medizinisch sinnvoll“ sei, solle auch die Anrechenbarkeit der Ärztinnen und Ärzten pro Leistungsgruppe neu geregelt werden. Bislang können Fachärzte dem KHVVG zufolge in bis zu drei Leistungsgruppen angerechnet werden.

Ebenfalls definiert werden müsse noch, welches Krankenhaus als Fachklinik gelten soll. Gemeinsam mit den Ländern soll dafür eine „passgenaue Regelung“ gefunden werden. Nicht jedes Krankenhaus solle aber künftig als Fachklinik definiert werden, heißt es aus dem Ministerium.

Für bedarfsnotwendige Krankenhäuser – damit sind laut Ministeriumskreise die heutigen Sicherstellungskrankenhäuser gemeint – würden weiterhin unbefristete Ausnahmen gelten, heißt es weiter. Dies gilt vor allem dann, wenn die Krankenhäuser an den Standorten die notwendigen Qualitätsvorgaben nicht erfüllen können.

Gestrichen werden sollen hingegen die Vorgaben für die Erreichbarkeit von Krankenhäusern, wenn dies zur Sicherstellung der Versorgung dienen. In diesen Fällen bekommen die Länder eigene Spielräume zur Beurteilung, hieß es weiter.

Mit dem KHVVG war noch vorgesehen, dass die Bevölkerung künftig Krankenhäuser mit den Leistungsgruppen Allgemeine Innere Medizin und Allgemeine Chirurgie in maximal 30 Pkw-Fahrminuten und die übrigen Leistungsgruppen innerhalb von 40 Fahrminuten erreichen können sollten.

Mit den Anpassungen will das BMG den Ländern mehr Ausnahmen von der Reform ermöglichen. Einige Reforminhalte, etwa die Standortdefinition oder die geplante Vorhaltevergütung, sollen hingegen nicht verändert werden.

Intensive Diskussionen hatte es in den vergangenen Tagen etwa um die Standortdefinition von Krankenhäusern gegeben. Aus dem Ministerium hieß es nun, man ändere nicht die Regelung von zwei Kilometern Abstand zwischen den Standorten. So gilt ein Krankenhaus dem KHVVG zufolge künftig nur als ein Standort, wenn die Gebäude nicht mehr als zwei Kilometer voneinander entfernt liegen.

Abweichungen von dieser Regelung seien nur möglich, wenn diese gemeinsam mit den Verbänden der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) sowie dem Privaten Krankenkassenverband (PKV) gebe, hieß es weiter. Komme es nicht zu einer Einigung, entscheide eine Schiedsstelle.

Start der Vorhaltevergütung ab 2028

Darüber hinaus passt das Ministerium offenbar im geplanten Gesetzentwurf – wie im Koalitionsvertrag angekündigt – die Zwischenfristen für die Umsetzung der Reform an. So werde die Einführung der Vorhaltevergütung um ein Jahr verschoben.

Länder, die bereits Ende 2025 Krankenhäusern Leistungsgruppen zugewiesen haben, erhalten bis Ende Februar 2026 eine Auskunft über die individuelle Vorhaltevergütung für jedes Krankenhaus. Damit könne die Auswirkung der Planung geprüft und möglicherweise nachgesteuert werden, heißt es weiter aus dem Ministerium.

Damit soll dem Wunsch der Länder nach einer Auswirkungsanalyse nachgekommen werden – diese Analyse hatten die Bundesländer im Gesetzgebungsprozess um das KHVVG immer wieder gefordert und angemahnt und teilweise sogar mit einer Nichtzustimmung zum Gesetz gedroht.

Weisen die Länder nun frühzeitig Leistungsgruppen zu und lassen diese durch den Medizinischen Dienst prüfen, können sie so früher erkennen, wie sich die geplanten Vorhaltepauschalen von 60 Prozent der Betriebskosten auf die Krankenhausfinanzierung auswirken werden.

Mit diesem Vorgehen versucht das Ministerium den unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Planungen der Länder Rechnung zu tragen: So soll es mehr Zeit für die Zuweisung der Leistungsgruppen geben, gleichzeitig sollen laufende Verfahren der Länder nicht ausgebremst werden, hieß es weiter.

Die Länder sind unterschiedlich weit in der Umsetzung der Reform, manche haben bereits begonnen, andere wollen zunächst den neuen Gesetzentwurf abwarten.

Mit dem Gesetz wird auch die bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte neue Finanzierung der Krankenhausreform verankert: So soll der Bundesanteil des Krankenhaustransformationsfonds in Höhe von 2,5 Milliarden Euro pro Jahr vom Bund aus dem Sondervermögen Infrastruktur gezahlt werden.

Bislang ist im KHVVG vorgesehen, dass diese Mittel durch den Gesundheitsfonds, also durch Krankenkassenbeiträge von gesetzlich Versicherten und Arbeitgebern beglichen werden. Die Länder müssen ebenso 2,5 Milliarden pro Jahr hinzugeben. Das Antragsverfahren für Umstrukturierungen von Krankenhausstandorten ab 2026 ist bereits angelaufen.

Das Ministerium listet weitere Geldzahlungen auf: So soll wie vereinbart ein Rechnungsaufschlag ab dem Jahr 2025 gezahlt werden, nach Willen von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) schnell und unbürokratisch, wie sie zu mehreren Gelegenheiten betonte.

Das Prinzip Gießkanne wurde von den Ländern, beispielsweise aus Niedersachsen deutlich kritisiert. Man sei aber offen für Alternativvorschläge, wie die rund vier Milliarden zum Ausgleich der Soforttransformationskosten schnell und unbürokratisch ausgezahlt werden könnten, hieß es dazu aus dem Ministerium.

bee/cmk

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