Rheuma: Kapazitätsengpässe bremsen Therapieerfolg aus

Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) hat im Vorfeld des Welt-Rheuma-Tags gefordert, den Zugang zu einer effektiven Rheumatherapie zu verbessern und Kapazitätsengpässe zu beseitigen.
Es sei unhaltbar, dass bis zur korrekten Diagnose einer rheumatoiden Arthritis in Deutschland im Durchschnitt neun Monate vergehen. Bei anderen, weniger bekannten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen dauere die Diagnose sogar noch deutlich länger.
Laut DGRh leidet rund ein Viertel der deutschen Bevölkerung an chronischen Schmerzen und Einschränkungen des Bewegungsapparats, die prinzipiell auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung zurückzuführen sein könnten.
Bei jedem zehnten von ihnen – etwa zwei bis drei Prozent der erwachsenen Deutschen – liege tatsächlich eine entzündlich-rheumatische Erkrankung vor. „Bereits diese beiden Zahlen machen das Dilemma der rheumatologischen Versorgung deutlich“, sagte DGRh-Präsident Andreas Krause.
Um die hohe Zahl Betroffener aus einer noch viel höheren Zahl von Menschen mit ähnlichen Beschwerden herauszufiltern, gebe es schlicht nicht genug ausgebildete Rheumatologen.
Die Leidtragenden seien die Patienten – denn während früh erkanntes Rheuma in vielen Fällen therapeutisch so gut beherrscht werden könne, dass die Krankheitssymptome ganz verschwinden und ein beschwerdefreies Leben möglich ist, sei eine solche Remission bei länger bestehender Erkrankung nur noch schwer zu erreichen.
Der DGRh zufolge sind in den vergangenen Jahren an vielen deutschen rheumatologischen Praxen und Klinikambulanzen Früh- beziehungsweise Akutsprechstunden eingerichtet worden, die den Zugang zu einer antientzündlichen Ersttherapie erleichtern und beschleunigen sollen.
Um gleichzeitig die fachärztlichen Ressourcen zu schonen, ist dabei vielerorts eine Vorauswahl je nach Dringlichkeit ein zentrales Vorgehen – auch, um Patienten herauszufiltern, die gar keine rheumatologische Therapie benötigen.
„Dabei kommen unterschiedliche Versorgungsmodelle zum Einsatz“, erklärte Karolina Benesova, Funktionsoberärztin und leitende Studienärztin der Sektion Rheumatologie am Universitätsklinikum Heidelberg. „Die Patientenvorauswahl findet über Anamnesebögen, Laborbefunde und Voruntersuchungen statt, per Telefonscreening, internetbasierten Priorisierungstools oder Run-In-Kurzsprechstunden“, so Benesova.
Die Vorauswahl werde dabei oft von Rheumatologischen Fachassistenten (RFA) oder einem Online-Algorithmus unter ärztlicher Überwachung unterstützt. Auch die Vorbefundung und gezielte Überweisung durch Hausärzte sei ein wichtiger Baustein der Patientenvorauswahl. „Welches dieser Modelle verwendet wird, ist zweitrangig“, so Benesova.
Wie erste Erfahrungen zeigten, seien die Früh- und Screeningsprechstunden ein sehr effizientes Werkzeug, um Diagnose und Therapiebeginn zu beschleunigen und so letztlich die Krankheitskontrolle und Lebensqualität Betroffener nachhaltig zu verbessern.
Laut DGRh können Delegation und Frühsprechstunden gemeinsam einen wertvollen Beitrag dazu leisten, die Kapazitätsengpässe in der rheumatologischen Versorgung zu verringern. Allerdings würden auch bei optimaler und ressourcenschonender Organisation noch dringend mehr rheumatologisch weitergebildete Fachärzte benötigt.
„Wir haben uns das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2030 rund 800 Ärzte rheumatologisch weiterzubilden“, so Krause. Nur so könne die Versorgung von Millionen von Rheuma-Patienten auch in Zukunft noch sichergestellt werden.
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