Ärzteschaft

Rheuma: Kapazitätsengpässe bremsen Therapieerfolg aus

  • Dienstag, 12. Oktober 2021
Rheumatoide Arthritis: Neue Genmutationen in Leukozyten gefunden
/JPC-PROD, stock.adobe.com

Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) hat im Vorfeld des Welt-Rheuma-Tags ge­fordert, den Zugang zu einer effektiven Rheumatherapie zu verbessern und Kapazitätsengpässe zu besei­tigen.

Es sei unhaltbar, dass bis zur korrekten Diagnose einer rheumatoiden Arthritis in Deutsch­land im Durch­schnitt neun Monate vergehen. Bei anderen, weniger bekannten entzündlich-rheuma­tischen Erkrankun­gen dauere die Diagnose sogar noch deutlich länger.

Laut DGRh leidet rund ein Viertel der deutschen Bevölkerung an chronischen Schmerzen und Einschrän­kungen des Bewegungsapparats, die prinzipiell auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung zurück­zuführen sein könnten.

Bei jedem zehnten von ihnen – etwa zwei bis drei Prozent der erwachsenen Deutschen – liege tatsäch­lich eine entzündlich-rheumatische Erkrankung vor. „Bereits diese beiden Zahlen machen das Dilemma der rheumatologischen Versorgung deutlich“, sagte DGRh-Präsident Andreas Krause.

Um die hohe Zahl Betroffener aus einer noch viel höheren Zahl von Menschen mit ähnlichen Beschwer­den herauszufiltern, gebe es schlicht nicht genug ausgebildete Rheumatologen.

Die Leidtragenden seien die Patienten – denn während früh erkanntes Rheuma in vielen Fällen thera­peu­tisch so gut beherrscht werden könne, dass die Krankheitssymptome ganz verschwinden und ein be­schwerdefreies Leben mög­lich ist, sei eine solche Remission bei länger bestehender Erkrankung nur noch schwer zu erreichen.

Der DGRh zufolge sind in den vergangenen Jahren an vielen deutschen rheumatologischen Praxen und Klinikambulanzen Früh- beziehungsweise Akutsprechstunden eingerichtet worden, die den Zugang zu einer antientzündlichen Ersttherapie erleichtern und beschleunigen sollen.

Um gleichzeitig die fachärzt­lichen Ressourcen zu schonen, ist dabei vielerorts eine Vorauswahl je nach Dringlichkeit ein zentrales Vorgehen – auch, um Patienten herauszufiltern, die gar keine rheumatologi­sche Therapie benötigen.

„Dabei kommen unterschiedliche Versorgungsmodelle zum Einsatz“, erklärte Karolina Benesova, Funk­ti­ons­oberärztin und leitende Studienärztin der Sektion Rheumatologie am Universitätsklinikum Heidel­berg. „Die Patientenvorauswahl findet über Anamnesebögen, Laborbefunde und Voruntersuchun­gen statt, per Telefonscreening, internetbasierten Priorisierungstools oder Run-In-Kurzsprechstunden“, so Beneso­va.

Die Vorauswahl werde dabei oft von Rheumatologischen Fachassistenten (RFA) oder einem Online-Al­go­rithmus unter ärztlicher Überwachung unterstützt. Auch die Vorbefundung und gezielte Überwei­sung durch Hausärzte sei ein wichtiger Baustein der Patientenvorauswahl. „Welches dieser Modelle verwendet wird, ist zweitrangig“, so Benesova.

Wie erste Erfahrungen zeigten, seien die Früh- und Screeningsprechstunden ein sehr effizientes Werk­zeug, um Diagnose und Therapiebeginn zu beschleunigen und so letztlich die Krankheitskontrolle und Lebensqualität Betroffener nachhaltig zu verbessern.

Laut DGRh können Delegation und Frühsprechstunden gemeinsam einen wertvollen Beitrag dazu leis­ten, die Kapazitätsengpässe in der rheumatologischen Versorgung zu verringern. Allerdings würden auch bei optimaler und ressourcenschonender Organisation noch dringend mehr rheumatologisch weiterge­bildete Fachärzte benötigt.

„Wir haben uns das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2030 rund 800 Ärzte rheumatologisch weiterzubilden“, so Krause. Nur so könne die Versorgung von Millionen von Rheuma-Patienten auch in Zukunft noch sicher­gestellt werden.

hil/sb

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