Appell für Hilfe im Jemen
Sanaa/New York – Angesichts des humanitären Desasters im Jemen schlagen die Hilfsorganisationen in dem Bürgerkriegsland immer eindringlicher Alarm. „Die Bevölkerung bezahlt einen extrem hohen Preis für diesen Krieg“, sagte Eric Jeunot, Leiter des Programms von Ärzte ohne Grenzen (MSF) im Jemen, heute. Die Situation sei angespannter als jemals zuvor, Millionen Menschen hätten keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Viele Kliniken und die Infrastruktur seien durch die Kämpfe und Luftangriffe zerstört worden.
Die Vereinigten Staaten hatten ihren Verbündeten Saudi-Arabien gestern dazu aufgerufen, seine Luftschläge im Jemen einzustellen. Vor allem solche Angriffe, „die Schulen, Krankenhäuser und andere zivile Objekte treffen, müssen aufhören“, sagte die UN-Botschafterin der Vereinigten Staaten, Samantha Power, vor dem Sicherheitsrat. Bei den Bombardements starben immer wieder auch viele Zivilisten.
Die saudisch geführte Militärkoalition unterstützt die international anerkannte Regierung des Jemen in ihrem Kampf gegen die Huthi-Rebellen, die weite Teile im Norden des Landes und die Hauptstadt Sanaa kontrollieren. Dabei können sie auf Geheimdienstinformationen und Waffen aus den USA zurückgreifen.
„Mehr als die Hälfte aller Gesundheitseinrichtungen sind nicht in Betrieb“, erklärte MSF-Leiter Jeunot. Viele Menschen mit Beschwerden würden – wenn überhaupt – erst in der letzten Minute in kritischen Zuständen in die Kliniken eingeliefert. Ein weiteres großes Problem sei die Mangelernährung von Millionen von Menschen.
UN-Nothilfekoordinator Stephen O'Brien hatte gestern vor dem Sicherheitsrat erklärt, Jemen sei nur „einen Schritt von einer Hungersnot entfernt“. Über zwei Millionen Jemeniten litten an Unterernährung. 80 Prozent der Bevölkerung, etwa 21,2 Millionen Menschen, seien auf humanitäre Hilfe angewiesen.
300.000 Unterernährte seien dabei in einem kritischen Zustand und bräuchten sofortige Hilfe, sagte der stellvertretende Leiter der Hilfsorganisation Oxfam für den Jemen, Mansur Ahmed. Dabei sei das umkämpfte Tais im Südosten des Jemen mit am schwersten betroffen. Eine weitere Krisenregion sei das Grenzgebiet zu Saudi-Arabien, auch die Lage in den Küstenstädten Aden und Al-Hodaida sei sehr ernst.
Zudem ist im Jemen die Cholera ausgebrochen. Oxfam hat nach eigenen Angaben mehr als 50 Fälle der tödlichen Infektionskrankheit identifiziert. Dies sei eine der größten Herausforderungen für das Land und verschlimmere die humanitäre Lage im Jemen, teilte die jemenitische Botschaft in Berlin mit.
Die Konfliktparteien im Jemen scheinen sich unversöhnlich gegenüberzustehen. Alle bisherigen Vermittlungsversuche scheiterten. Zuletzt endete eine brüchige Waffenruhe nach drei Tagen. In dem 19 Monate dauernden Konflikt wurden nach UN-Angaben mehr als 4.000 Zivilisten getötet, 7.200 weitere wurden verletzt.
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