Britische Regierung plant Reform des Gesundheitsdienstes

London – Die britische Regierung plant offenbar eine umfassende Reform des staatlichen Gesundheitsdienstes NHS (National Health Service). Die Novelle soll den Ministern mehr Befugnisse und Kontrolle beschaffen, wie unter anderem die Times und die BBC unter Berufung auf ein internes Dokument berichteten.
Damit sollen Politiker unter anderem die Schließung von Krankenhäusern verhindern oder gesundheitspolitische Maßnahmen durchsetzen können – etwa die Zugabe von Fluorid zum Leitungswasser zum Schutz der Zähne oder die Markierung von Lebensmitteln mit Gesundheitszertifikaten.
Die Regierung von Premier Boris Johnson will damit Teile einer Gesundheitsreform von Ex-Premier David Cameron aus dem Jahr 2012 zurückdrehen, die mehr Wettbewerb mit dem privaten Gesundheitssektor mit sich gebracht hatte.
Den Berichten zufolge will Johnson auch deshalb mehr Kontrolle über das chronisch unterfinanzierte staatliche Gesundheitssystem, da er für dieses im Zusammenhang mit dem Brexit große – teilweise unhaltbare – Versprechen gemacht hatte.
Unterdessen haben in Großbritannien mehr als zwölf Millionen Menschen eine erste Impfung gegen das Coronavirus erhalten. Das geht aus aktuellen Zahlen der Regierung von gestern hervor.
Bis Mitte Februar will die britische Regierung den gefährdetsten Gruppen – darunter Über-70-Jährige, Menschen mit Vorerkrankungen sowie medizinisches und Pflegepersonal – und damit 15 Millionen Menschen eine Impfung angeboten haben. Derzeit ist man zuversichtlich, dieses Etappenziel auch zu erreichen. Bis Mai sollen dann alle Über-50-Jährigen eine Impfung erhalten.
Wegen des frühzeitigen und umfangreichen Einkaufs bei verschiedenen Herstellern ist Großbritannien weniger stark von Lieferengpässen bei Impfstoffen betroffen als etwa die EU-Länder. Die WHO rief das Land bereits dazu auf, Impfdosen abzugeben, sobald die gefährdetesten Gruppen der britischen Bevölkerung geimpft sind.
Sollten alle Impfstoff-Hersteller, mit denen Großbritannien Verträge geschlossen hat, Zulassungen für ihre Mittel bekommen, hätte das Land genug Dosen bestellt, um seine Bevölkerung dreimal durchzuimpfen.
Die Chefin der britischen Impftaskforce, Kate Bingham, lehnte im Interview mit der Welt am Sonntag jedoch die Erklärung ab, der Brexit sei für den Erfolg der britischen Impfkampagne verantwortlich. Bingham verwies auf ihre langjährige Erfahrung in der Branche, gute Kontakte und den Willen, frühzeitig Verträge abzuschließen.
Die Zahl der Neuinfektionen, die nach der Ausbreitung der Variante B.1.1.7 im Dezember zeitweise bei mehr als 70.000 Fällen pro Tag lag, ist in den vergangenen Wochen dank eines harten Lockdowns stark gesunken. In den vergangenen sieben Tagen zählte das Land 218 neue Coronafälle pro 100.000 Einwohner.
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