Coronakrise: Europa stemmt sich gegen dritte Infektionswelle

Metz – Mit dem Mut der Verzweiflung stemmt sich Europa gegen die dritte Coronawelle. Unter anderem in Frankreich und Polen mussten am Wochenende Millionen Bürger wegen massiv steigender Infektionszahlen erneut in den Lockdown.
Der neue Lockdown in Frankreich betrifft seit dem vergangenen Samstag rund 21 Millionen Menschen. In 16 Départements mit Großstädten wie Paris, Nizza, Le Havre und Lille gelten seither wieder strikte Beschränkungen. Fast alle Geschäfte des nicht täglichen Bedarfs bleiben für vier Wochen geschlossen. Die Bewohner der betroffenen Départements dürfen ihre Regionen nur noch aus „zwingenden“ Gründen verlassen.
Anders als während der beiden ersten Lockdowns sind Spaziergänge außerhalb der einen Wohnung aber ohne zeitliche Begrenzung erlaubt, allerdings nur in einem Radius von zehn Kilometern. Zudem beginnt die landesweite Sperrstunde nun um 19 Uhr und damit eine Stunde später als bisher.
Auch in Polen trat ein neuer Lockdown in Kraft. Die meisten Läden sowie Schulen, Kinos, Sportstätten und Hotels müssen für mindestens drei Wochen dicht machen. Die Regierung in Warschau rief Beschäftigte auf, möglichst von zu Hause aus zu arbeiten.
In Polen gibt es seit einigen Wochen steigende Neuinfektionen – für die Einreise nach Deutschland gelten seit gestern strenge Regeln. Unter anderem müssen Reisende aus Polen an der Grenze einen negativen Corona-PCR-Test vorlegen, der nicht älter als 48 Stunden sein darf.
Mit den immer neuen Maßnahmen wächst europaweit in Teilen der Bevölkerung die Wut: An der deutsch-französischen Grenze demonstrierten hunderte Menschen gegen die scharfen Einreiseregeln nach Deutschland.
Sie forderten insbesondere eine Abschaffung der Testpflicht für Berufspendler. Nach Polizeiangaben nahmen 600 Menschen an der Demonstration in Sarreguemines im Verwaltungsbezirk Moselle teil, die Organisatoren sprachen von 1.000 Teilnehmern.
Proteste gab es auch andernorts. In London gingen tausende Menschen auf die Straße, die Polizei nahm 36 Menschen wegen Verstößen gegen die Coronavorschriften fest. In der Schweizer Kleinstadt Liestal protestierten zwischen 3.000 und 5.000 Menschen gegen die Einschränkungen, die meisten ohne Schutzmasken. Kundgebungen gab es – ebenso wie in Deutschland – zudem in Amsterdam, Wien und Sofia.
Die rasant steigenden Infektionszahlen haben auch Auswirkungen auf den EU-Gipfel am kommenden Donnerstag und Freitag. EU-Ratspräsident Charles Michel entschied, das eigentlich persönlich geplante Treffen nun doch lediglich digital abzuhalten. Seit dem Ausbruch der Pandemie haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU nur wenige Male persönlich getroffen, unter anderem bei einem viertägigen Gipfel im Juli. Thema des Gipfels dürfte auch ein möglicher Exportstopp für den Impfstoff des Herstellers Astrazeneca sein.
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