Ausland

Erstmals Sterbehilfe für todkranken Minderjährigen in Belgien

  • Montag, 19. September 2016

Brüssel – In Belgien hat erstmals ein minderjähriger Patient Sterbehilfe bekommen. Zwei Jahre nach der entsprechenden Gesetzesänderung sei die Regelung nun zum ersten Mal angewandt worden, bestätigte eine Vertreterin der staatlichen Sterbehilfekommis­sion, Jacqueline Herremans. Der Patient oder die Patientin war den Angaben zufolge 17 Jahre alt und todkrank. Weitere Details nannten die belgischen Behörden zunächst nicht.

Der Arzt, der die Sterbehilfe geleistet habe, habe den Fall in der vergangenen Woche ge­­meldet, sagte Herremans. Der oder die Jugendliche wäre ihren Angaben zufolge bald 18 Jahre alt und damit volljährig geworden. Ein gesetzlich vorgeschriebener Bericht zu dem Fall werde „in Kürze“ vorgelegt.

Wie der Präsident der Sterbehilfekommission, Wim Distelmans, der Zeitung Het Nieuws­blad sagte, litt der Patient oder die Patientin an einer unheilbaren Krankheit. „Zum Glück gibt es nur sehr wenige Kinder, für die Sterbehilfe in Frage kommt“, sagte Distelmans der Zeitung. „Aber das bedeutet nicht, dass wir diesen Kindern das Recht auf einen würde­vollen Tod verweigern sollten.“

Nach Angaben von Herremans hatten nach der Neuregelung im Jahr 2014 noch weitere Minderjährige Sterbehilfe beantragt, bislang sei aber nur diese eine Genehmigung erteilt worden. Das Verfahren sei „sehr kontrolliert“ und „oft sehr lang“ – und bei Minder­jähri­gen besonders schwierig.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz reagierte entsetzt auf den Fall. „Die Tötung auf Verlangen von Kindern hat nichts mit würdigem Sterben zu tun“, erklärte Vorstand Eugen Brysch. Damit verlasse Belgien „die menschenrechtlichen Standards der EU“.

Sterbehilfe ist ein weltweit kontrovers diskutiertes Thema. In den meisten EU-Staaten ist aktive Sterbehilfe, also die Tötung eines Menschen auf Verlangen, verboten. Ausnah­men bilden Belgien, Luxemburg und die Niederlande. In Deutschland wurde geschäfts­mäßige Sterbehilfe Ende vergangenen Jahres vom Bundestag unter Strafe gestellt.

Belgien hatte das Recht auf Sterbehilfe 2002 als zweites Land nach den Niederlanden eingeführt. Im vergangenen Jahr nahmen mehr als 2.000 Menschen diese Möglichkeit offiziell in Anspruch.

2014 hatte das belgische Parlament die Sterbehilfe auch auf Minderjährige ausgedehnt. Belgien ist damit das einzige Land weltweit, das für Kinder jeden Alters Sterbehilfe er­laubt. Voraussetzung ist, dass das Kind nachweislich eine rationale Entscheidung ge­troffen hat und im Endstadium einer unheilbaren Krankheit mit unerträglichen und nicht zu lindernden Schmerzen ist. Die Entscheidung muss von Ärzten, Psychologen und El­tern unterstützt werden.

Auch die Niederlande erlauben Sterbehilfe für Kinder. Dort müssen die Patienten aller­dings mindestens zwölf Jahre alt sein.

afp/dpa

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