Iran richtet Pufferzonen für afghanische Flüchtlinge an Grenze ein

Teheran – Der Iran hat angesichts des Eroberungszugs der militant islamistischen Taliban im Nachbarland Afghanistan Pufferzonen für Flüchtlinge aus dem Krisenstaat eingerichtet.
„Wir haben schon vor zwei Monaten mit einer neuen Flüchtlingswelle aus Afghanistan gerechnet und daher schon damals mit der Einrichtung von provisorischen Pufferzonen an den drei Grenzübergängen begonnen“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA.
Die drei Pufferzonen an den Grenzübergängen im Nord- sowie Südosten des Landes sollen afghanischen Flüchtlingen vorerst Schutz und Sicherheit bieten.
„Sobald sich die aktuelle Situation wieder entspannt hat, können die Flüchtlinge dann von dort aus wieder in ihre Heimat zurückkehren“, sagte Sprecher Hussein Ghassemi. Wegen der akuten Coronakrise im Iran werden laut Ghassemi auch Vertreter des iranischen Gesundheitsministeriums in den Pufferzonen tätig.
Für den Iran ist die erneute Flüchtlingswelle aus Afghanistan nicht neu. Das Land hatte nach der sowjetischen Invasion in Afghanistan 1979 mehr als drei Millionen afghanische Flüchtlinge einreisen lassen. Wegen der Coronapandemie und der schweren Wirtschaftskrise gilt es laut Beobachtern jedoch als eher unwahrscheinlich, dass Teheran dies erneut erlaubt.
Der Vizepräsident der EU-Kommission, Margaritis Schinas, dringt angesichts der erwarteten Fluchtbewegung aus Afghanistan auf eine schnelle Einigung bei der EU-Migrationspolitik.
„Die Krise in Afghanistan, aber nicht nur sie, macht es noch offensichtlicher, dass jetzt der Zeitpunkt ist, dass es Zeit ist, sich über den neuen europäischen Migrationspakt zu einigen“, sagte Schinas der italienischen Tageszeitung La Stampa.
Auf die Frage, ob wegen Afghanistan eine neue Migrationskrise drohe, sagte Schinas, dass die EU-Grenzen offen blieben für diejenigen, die vor Gewalt und Verfolgung flöhen. „Wir akzeptieren nur diejenigen, die wirklich Bedürfnis auf Schutz haben, wer die Grenzen illegal überquert, wird zurückgeschickt.“
Nach der Übernahme Kabuls durch die Taliban hat unterdessen die Evakuierung deutscher Staatsbürger aus der afghanischen Hauptstadt begonnen. In der Nacht zu heute landeten 40 Mitarbeiter der deutschen Botschaft mit einem US-Flugzeug in Doha im Golfemirat Katar. Wenige Stunden später starteten am Morgen die ersten drei Militärmaschinen der Bundeswehr mit Fallschirmjägern an Bord Richtung Kabul. Sie sollen die Evakuierung absichern.
Es ist die bislang wohl größte Mission dieser Art der Bundeswehr – und eine besonders brisante. „Fest steht: Es ist ein gefährlicher Einsatz für unsere Soldatinnen und Soldaten“, schrieb das Verteidigungsministerium heute auf Twitter. Die Bundeswehr war erst Ende Juni nach einem 20-jährigen Einsatz aus Afghanistan abgezogen.
Die Taliban hatten in den vergangenen Tagen in einem rasanten Tempo eine Stadt nach der anderen teilweise kampflos eingenommen, waren gestern auch in die Hauptstadt Kabul eingedrungen und haben bereits den Präsidentenpalast in ihrer Kontrolle.
Die Bundesregierung hatte angesichts der dramatischen Lage am vergangenen Freitag entschieden, das Botschaftspersonal auf ein Minimum zu reduzieren. Gestern wurden bereits alle Mitarbeiter zum Flughafen gebracht, der von mehreren tausend US-Soldaten abgesichert wird.
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