Ausland

Israelische Kliniken verlegen Abteilungen in unterirdische Räume

  • Mittwoch, 11. Oktober 2023
Eine unterirdische Station im Sheba Tel Hashomer Krankenhaus in Ramat Gran, Israel. /picture alliance, ZUMAPRESS.com, Nir Alon
Eine unterirdische Station im Sheba Tel Hashomer Krankenhaus in Ramat Gran, Israel. /picture alliance, ZUMAPRESS.com, Nir Alon

Tel Aviv – Nach dem Hamas-Großangriff im israelischen Grenzgebiet sowie Raketenbeschuss aus dem Liba­non und Syrien haben israelische Kliniken Abteilungen in unterirdische Schutzräume verlegt.

Das Ichilov-Krankenhaus in Tel Aviv begann heute mit der Verlegung von Patienten in ein unterirdisches Notfallkranken­haus – das erste Mal in seiner Geschichte, wie die Klinik auf der Plattform X mitteilte.

Das erste Mal seit dem zweiten Libanonkrieg 2006 verlegte das Galiläa-Krankenhaus in Naharija im Norden des Landes Patienten in sein unterirdisches Notfallkrankenhaus. Die Klinik verwies dabei auf Anweisungen des Gesundheitsministeriums und der Armee.

Auch das Krankenhaus Tel Haschomer bei Tel Aviv brachte nach eigenen Angaben die Frühchenstation und die Kinderintensivstation im Untergrund unter.

Das Rambam Health Care Campus in Haifa bereitet ebenfalls eine unterirdische Ebene für die Patientenvers­orgung vor, die normalerweise als Tiefgarage für parkende Autos dient. So könnten dort laut einem Bericht der Jerusalem Post Patientinnen und Patienten in bis zu 700 Betten unterirdisch versorgt werden.

Zudem finden dem Vernehmen nach Verlegungen aus dem Norden in zentralere Regionen Israels statt. Dies dient als Vorbereitung von möglichen Eskalationen im Norden Israels, die insbesondere von Gebieten des angrenzenden Staats Libanon ausgehen könnten.

Terroristen hatten am vergangenen Samstag im Auftrag der im Gazastreifen herrschenden Hamas ein Massa­ker unter israelischen Zivilisten in Grenzorten und auf einem Musikfestival angerichtet. Es war das schlimms­te Blutbad der israelischen Geschichte. Die Zahl der Toten liegt nach Armeeangaben bei mehr als 1.200. Min­destens 3.000 weitere Menschen seien verletzt worden.

Die israelische Armee griff daraufhin nach eigenen Angaben Hunderte Terrorziele im Gazastreifen an. Die Zahl der dabei getöteten Palästinenser ist auf mindestens 1.055 gestiegen. Rund 5.000 weitere Menschen seien verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium in Gaza mit. Nach den Angriffen der islamistischen Hamas gegen Israel steht möglicherweise eine Bodenoffensive Israels im Gazastreifen bevor.

Die Versorgung im Gazastreifen ist kompliziert. Das Krankenhaus Al-Schifa steht seit den israelischen Bomben­angriffen kurz vor dem Kollaps. Acht Krankenhäuser „reichen nicht aus, um die Bürger zu versorgen“, schreibt das Gesundheitsministerium von Gaza und warnt vor einer „katastrophalen Situation“.

Durch die israelischen Bombardierungen sei das Krankenhaus Beit Hanun im Norden Gazas nicht mehr funktionsfähig. In Al-Schifa wurde die Neugeborenenstation beschädigt. Es fehle an medizinischem Material und Medikamenten.

In Europa geht unterdessen die Debatte um die Entwicklungshilfe für die Palästinenser weiter. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) versicherte, dass mit Hilfsgeldern Deutschlands für die Palästinenser kein Terror finanziert worden sei.

„Natürlich machen wir keine Terrorfinanzierung“, sagte Baerbock dem ZDF-„heute journal“. Auf „besonderen Wunsch“ Israels werde die gegebene finanzielle Hilfe durch die Bundesregierung und die EU nun abermals überprüft. Doch das bedeute „ganz und gar nicht“, dass es daran Zweifel gebe.

Die palästinensischen Gebiete hätten nie Budgethilfe vom deutschen Staat erhalten, sondern immer nur Geld im Rahmen von Entwicklungszusammenarbeit, sagte Baerbock. Diese humanitäre Unterstützung solle fortge­setzt werden. „Für die Bundesregierung ist wichtig, dass wir die Lebensmittelhilfe, die Wasserversorgung nicht einstellen, denn das brauchen jetzt die Menschen vor Ort ganz, ganz dringend“, sagte Baerbock.

„Sehr deutliche Worte“ kündigte die Außenministerin Staaten an, die möglicherweise den Terror der Hamas mit finanziert haben. Die Bundesregierung habe „unter anderem Katar sehr deutlich gemacht, dass sie eine Verantwortung haben, diesem brutalsten Terror jetzt klar die Stirn zu bieten.

Und das wird auch das Haupt­thema sein, wenn sie hier vor Ort sind“, sagte Baerbock vor dem Besuch des Emirs von Katar, der am morgigen Donnerstag in Berlin erwartet wird. Es müsse deutlich gemacht werden: „Wir akzeptieren keine Terrorunterstützung“ sagte Baerbock. Israel müsse nun in seinem „Recht auf Selbstverteidigung“ unterstützt werden, „dass diesem Terrorismus ein Ende gemacht wird und da sind Länder wie Katar in der besonderen Verantwortung“.

Schweden und Dänemark haben ihre in die palästinensischen Gebiete fließende Entwicklungshilfe vorüber­gehend auf Eis gelegt. Das gaben die Regierungen der beiden skandinavischen EU-Länder bekannt. Man wolle kein Geld der schwedischen Steuerzahler an Akteure geben, die sich nicht ausdrücklich von Terrorismus distanzierten, sagte Schwedens Minister für Entwicklungshilfe und Außenhandel, Johan Forssell. 57 Millionen schwedische Kronen (rund fünf Millionen Euro) würden nun nicht wie für dieses Jahr geplant ausgezahlt. Die humanitäre Unterstützung etwa in Katastrophenfällen sei davon nicht betroffen.

Auch Dänemark hat sich nach Angaben des Außenministeriums in Kopenhagen entschlossen, seine Entwicklungshilfe an die Palästinenser auszusetzen. Deutschlands nördlicher Nachbar will währenddessen eine Überprüfung einleiten, um sicherzustellen, dass keine finanzielle Hilfe aus Dänemark missbraucht wird, um indirekt Terrororganisationen zu unterstützen, die Israel angreifen. Dabei soll die Unterstützung etwa von zivilen Organisationen und Infrastrukturprojekten auf den Prüfstand gestellt werden.

Nach Ministeriumsangaben geht es um eine Summe von 72 Millionen dänischen Kronen (9,7 Millionen Euro), die für den Rest des Jahres 2023 auf Eis gelegt wird. Direkte Unterstützung für die palästinensische Autonomiebehörde leistet Dänemark derzeit demnach nicht.

dpa/cmk

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung