Pest in Madagaskar: RKI erstellt Flussschema zur Abklärung des Verdachts bei Reiserückkehrern

Antananarivo/Berlin – Obwohl die Gesamtinzidenz der Pesterkrankungen in Madagaskar rückläufig ist, kann nach Angaben der Gesundheitsbehörden keine Entwarnung gegeben werden. So hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit August bis 8. November 2.034 Pestfälle registriert, davon sind 1.565 Betroffene (77 Prozent) an Lungenpest erkrankt. 165 Patienten sind bisher gestorben. Seit Beginn des Ausbruchs haben sich 82 Beschäftigte im Gesundheitswesen mit Yersinia pestis infiziert, bislang ohne Todesfälle.
Für Reisende besteht nach Ansicht von WHO und Robert-Koch-Institut (RKI) keine direkte Gefährdung, sofern Grundregeln der Prävention eingehalten werden. Dennoch hat das RKI zwei Dokumente zum Thema Pest veröffentlicht, die für die Ärzteschaft wichtig sind: ein Flussschema „Verdachtsabklärung und Maßnahmen bei Reiserückkehrern aus Madagaskar“ und einen neuen „Ratgeber für Ärzte“ zu Pest. Demnach sollte bei einem Verdachtsfall zunächst der Erkrankungsbeginn abgefragt werden: Bei Reiserückkehrern, die vor mehr als sieben Tagen vor Erkrankungsbeginn in Madagaskar waren, seien keine Maßnahmen erforderlich , so das RKI.
Kultur könnte Pestverbreitung begünstigen
Unterdessen haben die Vereinten Nationen vor einer Störung kultureller Normen auf Madagaskar durch Vorsichtsmaßnahmen gegen die aktuelle Pest-Epidemie gewarnt. Am stärksten betroffen seien Bestattungen, die in der madagassischen Tradition einen hohen Stellenwert hätten, zitiert die südafrikanische Wochenzeitung Mail and Guardian in ihrer jüngsten Ausgabe die Sprecherin der WHO, Charlotte Ndiaye.
„Stirbt jemand an der Pest, holen die Behörden die Leiche aus dem Haus oder der Klinik ab und bestatten sie in einem Massengrab.“ Für traditionelle Madagassen sei das „nur schwer zu akzeptieren“. Dem Bericht zufolge versuchten etliche Familien auf Madagaskar, ihre gestorbenen Angehörigen illegal zu bestatten. In einigen Fällen habe die Polizei die Leichen abholen müssen, als sich Bewohner weigerten, sie zu übergeben.
Am stärksten kollidieren die staatlichen Hygienemaßnahmen demnach mit dem traditionellen Totentanz. Dabei werden Verstorbene regelmäßig aus den Gräbern geborgen, von Verwandten gewaschen und anschließend neu gekleidet. Da Pesterreger lange überleben, habe die Regierung ein Verbot des Brauches erlassen, die sogenannte Famadihana. Es handele sich um eine extrem sensible Angelegenheit, da der Brauch elementar für die Kultur Madagaskars sei, wird Jean-Benoit Manhe von Unicef zitiert.
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