Türkei: UN-Experten drängen auf Freilassung Fincancis

Genf – Experten der Vereinten Nationen haben die Türkei zur Freilassung einer wegen Terrorismusvorwürfen inhaftierten Ärztegewerkschafterin aufgefordert.
Die fünf UN-Sonderberichterstatter erklärten heute, es werde angenommen, dass die Festnahme von Sebnem Korur Fincanci Ende Oktober eine Vergeltung dafür sei, dass die Medizinerin öffentlich eine Untersuchung zum mutmaßlichen Einsatz von chemischen Waffen durch die türkische Armee gefordert hatte. Fincanci solle „sofort und ohne Bedingungen“ freigelassen werden, forderten die Experten.
Der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nahestehende Medien hatten Vorwürfe veröffentlicht, dass die Armee chemische Waffen in Einsätzen im Nordirak genutzt habe. Die Türkei wies die Anschuldigungen zurück. Die Türkei und ihre westlichen Verbündeten haben die PKK als Terrororganisation eingestuft.
Die angesehene Rechtsmedizinerin und Anti-Folter-Expertin Fincanci hatte erklärt, sie habe in Online-Netzwerken Bilder zu den Chemiewaffeneinsätzen und den mutmaßlichen Opfern angesehen, und eine „unabhängige Untersuchung“ angemahnt. Die Generalstaatsanwaltschaft in Ankara leitete daraufhin Ermittlungen gegen Fincanci ein.
Ihre Festnahme „scheint Teil eines vorsätzlichen Musters zu sein, Anti-Terror-Gesetzgebung anzuwenden, um Menschenrechtsverteidiger und Organisationen zu diskreditieren und ihre unverzichtbare Arbeit für Menschenrechte und Medizin zu unterbrechen“, erklärten die UN-Experten weiter.
Sie hätten viele solcher Fälle dokumentiert, in denen die Anti-Terror-Gesetze und andere Strafvorschriften zur Schikane und juristischen Verfolgung von Akteuren der Zivilgesellschaft benutzt worden seien.
„Die Fähigkeit von Menschenrechtsverteidigern und Medizinern, den Mächtigen die Wahrheit zu sagen, muss beschützt werden“, führten sie fort. „Ihre Rolle dabei, Menschenrechtsverstöße aufzudecken, ist einer der Eckpfeiler von demokratischen Gesellschaften.“
Zu den fünf Experten gehört etwa der Sonderberichterstatter für Folter und der für außergerichtliche Exekutionen. Sie werden vom UN-Menschenrechtsrat ernannt, sprechen aber nicht für das gesamte Gremium.
In den vergangenen Wochen hatten auch Ärzte in Deutschland die Freilassung Fincancis gefordert. Die Bundesärztekammer hatte einen Brief an den türkischen Präsidenten geschrieben.
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