USA: Nachfrage nach Abort-Medikamenten nach Dobbs-Urteil angestiegen

Austin – Nachdem der Supreme Court den Bundesstaaten erlaubt hat, Schwangerschaftsabbrüche zu verbieten, ist in den USA die Nachfrage nach Medikamenten für einen selbstgesteuerten Abbruch gestiegen. Nach den im amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2024; DOI: 10.1001/jama.2024.4266) veröffentlichten Zahlen besorgen sich viele Frauen die dafür notwendigen Medikamente aus dem Ausland.
Nach Recherchen der „Society of Family Planning“ ist die Zahl der legalen Schwangerschaftsabbrüche in den ersten sechs Monaten nach dem Urteil im Fall „Dobbs v. Jackson’s Women’s Health Organization Supreme Court“ um 32.260 zurückgegangen. Ein deutlicher Anstieg der Geburtenrate ist jedoch selbst in den Staaten mit einem Abtreibungsverbot ausgeblieben. Offenbar haben viele Frauen andere Wege gefunden.
Eine Studie der School of Public Affairs an der Universität von Texas in Austin zeigt, dass sich die Frauen an telemedizinische Organisationen, Selbsthilfegruppen oder an Online-Händler gewandt haben. Nach den von Abigail Aiken und Mitarbeitern ermittelten Zahlen könnten in den sechs Monaten insgesamt 26.055 Schwangerschaftsabbrüche auf diese Weise erfolgt sein.
Auf die telemedizinische Organisationen entfielen 37,2 % der selbstorganisierten Aborte. Die Internetdienste, die ihren Sitz offenbar häufig in Europa haben, bieten den Frauen eine ärztliche Beratung an. Die Ärzte verordnen den Frauen die beiden für einen Abbruch notwendigen Medikamente Mifepriston und Misoprostol, die dann per Post beispielsweise aus Indien in die USA geschickt werden. Die Gebühren sollen bei etwa 100 US-Dollar liegen.
Noch beliebter waren mit einem Anteil vom 52,4 % sogenannte „Community networks“. Diese lokalen Selbsthilfeorganisationen beraten die Frauen und besorgen ihnen dann die Medikamente über Apotheken aus dem Ausland.
Etwa 11,4 % der Frauen könnten sich direkt an einen Online-Händler gewandt haben. Die Kosten sollen dann zwischen 39 und 470 US-Dollar betragen haben, wobei die Frauen sich bei diesen Händlern niemals sicher sein können, dass die Medikamente auch tatsächlich Mifepriston und Misoprostol enthalten.
Nach Berechnungen des Guttmacher-Instituts, einer Non-Profit-Organisation mit Sitz in Washington, ist es im Jahr 2023 in den USA zu 1.026.690 Schwangerschaftsabbrüchen gekommen, was einer Rate von 15,7/1.000 Frauen im gebärfähigen Alter entspricht.
Gegenüber dem Jahr 2020 sei dies ein Anstieg um 10 %, heißt es in einem Report der Organisation. Es wäre die höchste Zahl und Rate an Abtreibungen, die in den Vereinigten Staaten seit mehr als einem Jahrzehnt gemessen wurde.
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