Befristete Verträge in der Wissenschaft an der Tagesordnung

Berlin – Die 2016 verabschiedete Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) sollte Nachwuchswissenschaftlern mehr Planungssicherheit für ihre Karrierewege bieten. Die heute veröffentlichten Evaluationsergebnisse zeigen jedoch, dass dieses Ziel nur teilweise erreicht werden konnte.
Zwar hat sich die durchschnittliche Laufzeit befristeter Arbeitsverträge durch die Novellierung verlängert, andererseits ist in einigen Bereichen nach wie vor jeder dritte Arbeitsvertrag auf maximal ein Jahr befristet. Zudem sei die Befristungsquote unter den Wissenschaftlichen Mitarbeitenden weiterhin viel zu hoch.
„Hier gilt es weiter gegenzusteuern“, erklärte Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung (BMBF) bei der Vorstellung der Evaluationsergebnisse.
Dem Bericht zufolge waren 2020 an Universitäten 93 Prozent der Nichtpromovierten und jeder zweite Promovierte befristet beschäftigt. Bei den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) lag die Befristungsquote mit zwölf Prozent (promoviert) und 63 Prozent (nicht promoviert etwas niedriger). Insgesamt waren an deutschen Hochschulen im Jahr 2020 zwei von drei (67 Prozent) der hauptberuflichen wissenschaftlichen Mitarbeitenden befristet beschäftigt.
Die Befristungspraxis hat sich durch die Novelle jedoch zugunsten der Beschäftigten geändert, so das Evaluationsergebnis. Besaßen befristete Arbeitsverträge an den Universitäten 2015 noch eine mittlere Laufzeit von 15 bis 17 Monaten, stiegen die Mittelwerte bereits 2017 auf 21 bis 22 Monate.
„Maßgeblich dafür war eine Zunahme dreijähriger Verträge, mit der die Hochschulen die Vorgaben zur Festlegung angemessener Vertragslaufzeiten umsetzen“, sagte Peter-André Alt, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Auch im Bereich der mit Drittmitteln finanzierten Verträge hätten die Hochschulen der Novellierung entsprochen und die individuelle Vertragslaufzeit üblicherweise der Projektlaufzeit angepasst.
Die Partei Die Linken kritisierte dagegen, die Novelle werde zum Einfallstor ausufernder Befristungen in Form von Dauerschleifen von Kurzzeitverträgen. „Die Befristungen sind genauso hoch wie 2016“, kritisierte Bundestagsabgeordnete Nicole Gohlke.
„Das Ziel der damaligen Novellierung, nämlich die Eindämmung genau dieser Missbräuche von Kettenbefristung, wird durch die vorliegenden Ergebnisse ad absurdum geführt.“ Sie forderte vor diesem Hintergrund eine komplett neue Ausrichtung des Gesetzes „mit klaren Regeln für mehr Sicherheit und Perspektive für die Beschäftigten“.
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