Sprachentwicklungsstörungen: Online-Therapie auf dem Prüfstand

Münster – Einzeltherapiesitzungen sind der Standard in der Sprachtherapie bei Kindern. Eine Arbeitsgruppe um Katrin Neumann, Direktorin der münsterschen Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, erforscht aber jetzt die Wirksamkeit von Online-Therapien. Der Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) fördert das Projekt namens „THEON“ mit 1,3 Millionen Euro.
Ein Anstoß für das Vorhaben ist die Coronapandemie: Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen konnten während der Lockdowns keine Präsenztherapie besuchen und sich durch die Kontaktbeschränkungen auch weniger mit anderen Kindern unterhalten. Damit wurde ihr Sprachfortschritt nicht mehr befördert und stagnierte vermutlich bei einigen.
Die gesetzlichen Krankenkassen erteilten während der Pandemie befristete Ausnahmegenehmigungen für die sprachtherapeutische Videobehandlung, die immer wieder um einige Monate verlängert wurden, zuletzt bis März 2022. Für eine dauerhafte Genehmigung fehlen jedoch in Deutschland laut der Arbeitsgruppe aber Belege über die Wirksamkeit und Qualität von Videobehandlungen in diesem Bereich.
Das Wissenschaftlerteam will in einer deutschlandweiten Studie die Fortschritte zweier Gruppen von Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen miteinander vergleichen: Die Kinder der einen erhalten eine klassische Einzeltherapie einmal wöchentlich in Präsenz, die der anderen werden in einer engmaschigen Intervalltherapie in Kleingruppen behandelt.
Die Wissenschaftler hoffen auch, mit einem Online-Angebot eine neue Klientel zu erreichen: „Wir denken dabei an Familien, die nicht einmal in der Woche zur Therapeutin fahren können, an sozial Benachteiligte, für die die Fahrtkosten vielleicht einfach zu teuer sind“, erläutert Neumann.
Auch im Ausland lebende Kinder und andere schwer erreichbare Zielgruppen könnten von einem Online-Angebot profitieren.
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