Akutes Lungenversagen: Wachen COVID-19-Patienten fällt es schwer, lange genug auf dem Bauch zu liegen

Toronto – Die Bauchlagerung verbessert bei beatmeten Patienten mit COVID-19 auf der Intensivstation das Outcome. Ob dies auch für wache COVID-19-Patienten mit akutem Lungenversagen gilt, lässt sich aktuell schwer sagen, da es die meisten von ihnen nicht schaffen, lange genug auf dem Bauch zu liegen.
Das berichten die Autoren der COVID-PRONE-Studie im Bristish Medical Journal (DOI: 10.1136/bmj-2021-068585).
Die Studie musste abgebrochen werden, nachdem klar wurde, dass die Intervention nichts bringen würde. Statt der empfohlenen 8 Stunden am Tag und die ganze Nacht in Bauchlage, kamen die Patienten auf gerade einmal 6 Stunden am Tag.
Schon seit den 1970er Jahren gehört die Bauchlagerung zum Therapiestandard bei Patienten mit schwerem akutem Lungenversagen, da sie einem größeren Teil der Lunge erlaubt, sich auszudehnen, so dass die Patienten tiefer einatmen können.
Widersprüchliche Ergebnisse bei wachen Patienten
Üblicherweise werden kritisch kranke Patienten, die sediert und intubiert sind, auf diese Weise gelagert. Doch im Februar 2020 zeigten einige Berichte, dass auch wache COVID-19-Patienten von der Bauchlagerung profitieren könnten, woraufhin versucht wurde, diese breitflächig umzusetzen.
Doch seither kamen mehrere Studien zur Bauchlagerung bei wachen COVID-19-Patienten zu sehr widersprüchlichen Ergebnissen.
Michael Fralick von der Division of General Internal Medicine am Sinai Health in Toronto und seine Kollegen untersuchten die Outcomes von 248 wachen Patienten mit COVID-19 in 15 kanadischen und US-amerikanischen Krankenhäusern. Sie waren nicht kritisch krank, benötigten aber eine Sauerstofftherapie. Im Schnitt waren sie 56 Jahre alt, 36 % von ihnen waren Frauen.
Geringe Adhärenz in Gruppe mit Bauchlagerung
Die Patienten wurden auf Bauchlagerung oder Standardtherapie randomisiert. In der Interventionsgruppe wurden sie angewiesen, sich 4 Mal am Tag für bis zu 2 Stunden auf den Bauch zu legen. Außerdem wurden sie ermutigt nachts in Bauchlage zu schlafen und dies über 7 Tage. Das Personal unternahm immer wieder Anstrengungen, die Adhärenz zu verbessern. Die Patienten in der Kontrollgruppe wurden nicht angewiesen, Zeit in Bauchlage zu verbringen.
In den ersten 3 Tagen verbrachten die Patienten in der Interventionsgruppe im Median 2 Stunden pro Tag in Bauchlage. In der Kontrollgruppe waren es 0 Stunden. Der häufigste Grund für die niedrige Adhärenz war, dass die Bauchlage als unbequem empfunden wurde.
Keine Unterschiede messbar
Nach Berücksichtigung anderer möglicher Einflussfaktoren gab es zwischen Interventionsgruppe und Kontrollgruppe keine Unterschiede hinsichtlich Sterberisiko, mechanischer Beatmung oder Verschlechterung des Lungenversagens. In der Interventionsgruppe lag das Risiko für den primären Endpunkt bei 14 % (18 Ereignisse), in der Kontrollgruppe ebenfalls bei 14 % (17 Ereignisse). Die um Alter und Geschlecht adjustierte Odds Ratio betrug 0,92 (95-%-KI 0,44-1,92).
Auch der sekundäre Endpunkt unterschied sich nicht zwischen den beiden Gruppen: Die Veränderung der Rate von Sauerstoffsättigung zu Fraktion eingeatmeten Sauerstoffs – ein Indikator dafür, wie gut die Lungen Sauerstoff ins Blut transportieren – war zwischen den beiden Gruppen vergleichbar.
Neue Ansätze für Bauchlagerung erforderlich
Die Studie sei nicht in der Lage, einen Vorteil oder Nachteil der Bauchlagerung bei wachen COVID-19-Patienten auszuschließen, doch die Ergebnisse bestätigten, dass „es nicht ausreicht, die Patienten einfach aufzufordern, sich auf den Bauch zu legen und dann immer wieder daran zu erinnern, um zu erreichen, dass sie lange Zeiträume in Bauchlagerung verbringen“, schreiben die Autoren um Fralick.
Es seien weitere Studien nötig, um zu ermitteln, ob mehr Zeit in Bauchlage bei diesen Patienten mit einem klinischen Vorteil assoziiert sei. Außerdem bestehe dringender Bedarf an „innovativen Ansätzen, um Patienten dazu zu bringen, mehr als ein paar Stunden am Tag auf dem Bauch zu liegen“.
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