Medizin

Bessere Versorgung mit Mobilen Stroke Units

  • Mittwoch, 22. Februar 2023
/picture-alliance, Becker&bredel
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Berlin – Speziell ausgerüstete „Mobile Stroke Units“ (MSU) reduzieren signifikant Folgeschäden bei Verdacht auf Schlaganfall. Gegenüber dem Einsatz konventioneller Rettungswagen wurden bei ischämischen Schlaganfällen bessere Behandlungs­ergebnisse mit weniger bleibenden Behinderungen erzielt (Annals of Neurology, DOI: 10.1002/ana.26541). Zudem ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Mehrkosten eines MSU gesamtgesellschaftlich vertretbar (Annals of Neurology 2023, DOI: 10.1002/ana.26602).

MSU sind unter anderem mit einem CT-Gerät ausgestattet, so dass die Indikation für eine Thrombolyse bereits vor der Abfahrt in eine Klinik gestellt und initiiert werden kann. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Betroffene den Schlaganfall sogar ganz ohne Folgeschäden überleben können, weil sie die notwendige Therapie rechtzeitig erhalten.

In Deutschland werden seit über 10 Jahren MSUs eingesetzt und Teilergebnisse zum Beispiel im Rahmen der Berliner Studie „B_PROUD“ (JAMA 2021; DOI: 10.1001/jama.2020.26345) und dem B-SPATIAL-Schlaganfall-Register ausgewertet.

In der aktuellen Arbeit wurden sowohl Daten aus der B_PROUD-Studie als auch aus dem B-SPATIAL-Register berücksichtigt. Demnach erhielten bei Verdacht auf Schlaganfall 1.125 Patientinnen und Patienten (mittleres Alter: 74 Jahre, 46,5 % weibl.) eine prähospitale Versorgung mit MSU und 1.141 Personen (mittleres Alter: 75 Jahre, 49,9 % weibl.) mit konventionellen Rettungswagen (RTW).

Der primäre Endpunkt war der Behinderungsgrad auf der modifizierten Rankin-Skala (mRS-Score, 0=keine Behinderung, 6=Tod) im Follow-up nach 3 Monaten. Die statistischen Auswertungen zeigten einen signifikant besseren mRS-Score nach 3 Monaten an (Odds Ratio (OR) 0,82 95 % Konfidenzintervall (CI]): 0,71-0,94).

Die Assoziationen mit der 7-Tages-Mortalität (OR 0,94; 95 % CI: 0,59-1,48) war allerdings statistisch nicht signifikant. Wurde eine MSU zu Menschen geschickt, die an einem hämorrhagischen Schlaganfall litten und daher gar nicht für die Thrombolyse infrage kamen, hatte das keine negativen Auswirkungen, ergänzen die Studienautoren.

„Die Ergebnisse sind von großer Bedeutung für die Betroffenen – es ist durchaus relevant für die Lebensqualität, ob man nach einem Schlaganfall eine Behinderung des 3. oder 4. Grades auf der modifizierten Rankin-Skala hat. Auch im Hinblick auf die Folgekosten macht das einen Unterschied. Kurz gesagt:

Je höher der Behinderungsgrad, desto mehr und längere Therapie ist notwendig“, erläuterte Co-Studienleiter Matthias Endres, Direktor der Klinik für Neurologie an der Charité Universitätsmedizin Berlin.

Zudem wurde die Kosteneffektivität des zusätzlichen MSU-Einsatzes am Beispiel der B_PROUD-Studie abgeschätzt. Der Gewinn an qualitätskorrigierten Lebensjahren (QALY), war mit durchschnittlichen Mehrkosten pro QALY von etwa 41.000 Euro verbunden.

„In Deutschland gibt es keine offizielle Festlegung, wie viel ein QALY kosten darf, die ‚WHO Commission on Macroeconomics and Health‘ schlägt einen Schwellenwert des 1- bis 3-fachen des pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukts vor, das wären zwischen 58.000 und 175.000 US-Dollar, also etwa zwischen 53.000 und 162.000 Euro. Die Mehrkosten für den Einsatz von MSU sind in Deutschland also auch gesamtgesellschaftlich vertretbar“, so die Einschätzung von Peter Berlit, Pressesprecher und Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN).

Daher schließt sich die DGN der Empfehlung der europäischen Fachgesellschaft an und hofft auf einen weiteren Ausbau der Schlaganfallversorgung mit MSU in Deutschland.

cw

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