Politik

Apothekenreform: ABDA warnt vor Zerfall der Arzneimittel­versorgung

  • Freitag, 22. Dezember 2023
/picture alliance, Hauke-Christian Dittrich
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Berlin – Die Eckpunkte zu einer geplanten Apothekenstrukturreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stoßen auf Kritik vonseiten der Apothekerschaft.

„Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach versucht wieder eine Mogelpackung zu verkaufen", kritisierte Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Nach außen präsentiere er die Pläne als Segen für kleine Landapotheken. Schaue man sich die Vorschläge genauer an, werde klar, dass unter dieser sogenannten Reform alle Apotheken leiden würden – sowohl die Land- als auch die Stadtapotheken, betonte Overwiening.

„Die Apotheken brauchen eine sofort wirksame, wirtschaftliche Stärkung, sonst wird die wohnortnahe Versorgung im kommenden Jahr weiter ausdünnen. Unsere Patientinnen und Patienten würden schlechter versorgt werden, weil das Ministerium in seinen Eckpunkten Qualitätseinbußen und Honorarkürzungen in Apotheken vorsieht“, forderte Overwiening.

Auch Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), warnte insbesondere vor den finanziellen Auswirkungen der Pläne: „Bis auf eine vage Zusage in Sachen Notdienstpauschale enthält das BMG-Papier keinerlei sofortige Hilfen für die Apotheken.“

Diese seien aber zwingend notwendig, denn auch die Apotheken würden unter der Inflation und gestiegenen Kosten leiden. Er bemängelte, dass die Regierung Inflations- und Kostenausgleiche in fast allen anderen Bereichen des Gesundheitswesens vorgenommen habe. Die Apotheken blieben aber außen vor. Alle vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgeschlagenen Honorarmaßnahmen sollen frühestens 2025, teilweise erst 2026 und 2027 greifen.

Lauterbach sehe dabei zu, wie die wohnortnahe Arzneimittelversorgung weiter ausdünne, kritisierte Hubmann. Zudem ließen sich mit dem geplanten Vorhaben höherpreisige Arzneimittel noch schwerer vorfinanzieren und würden daher von den Apotheken nicht mehr vorrätig gehalten – unabhängig vom Standort der Apotheke. „Für Patientinnen und Patienten, die auf solche Arzneimittel und die entsprechende Beratung angewiesen sind, würde die Versorgung deutlich verschlechtert“, so Hubmann.

Haftungsfragen und Kündigungen drohen

Thomas Benkert, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), sorgt sich zudem um die Pläne, dass teils keine Apothekerinnen und Apotheker mehr in der Apotheke präsent sein sollen. „ Es gibt keine andere Berufsgruppe, die die pharmazeutische Expertise der Apothekerinnen und Apotheker ersetzen kann. Hinzukommen Haftungsfragen, die entstehen, wenn bei Beratungen keine approbierte Fachkraft zur Verfügung steht“, sagte Benkert.

Zudem sei zu befürchten, dass Apotheken, die unter wirtschaftlichem Druck stehen, vielen angestellten Apothekerinnen und Apothekern kündigen würden, um Geld zu sparen. Das Ergebnis wäre eine deutliche Verschlechterung der Versorgung unserer Bevölkerung, so Benkert.

Auch von dem Landesapothekerverband Niedersachsen kommt Kritik. Die Pläne seien eine Missachtung des gesamten Berufstandes, kritisiert Berend Groeneveld, Vorstandsvorsitzender des Landesapothekerverbandes Niedersachsen. „Wieder einmal zeigt Lauterbach sein wahres Gesicht: Er ist kein Freund der Apothekerinnen und Apotheker.“

Die Eckpunkte seien definitiv kein Signal zur Stärkung der Apothekerschaft, sondern ein toxisches Angebot und apothekenfeindlich, so Groeneveld weiter. Die geplante Art der Umverteilung werde mittelfristig zu einer weiteren finanziellen Schwächung der Apotheken und nicht zu einer Stärkung führen. Lauterbach zeige damit seine eklatante Unkenntnis finanzieller Zusammenhänge und Strukturen, so Groeneveld.

Er forderte ebenfalls Investitionen in die Apothekenlandschaft statt der geplanten Umverteilung der Honorare. „Allen relevanten Gesundheitsberufen wird vom BMG mehr Geld für die Bekämpfung der großen Herausforderungen durch Krieg, Inflation, Energiepreise, Personalkosten und Lieferkettenproblematik zugestanden, nur den Apotheken nicht“, bemängelte Groeneveld.

Die ABDA kündigte heute zudem an, eine vorläufige Analyse der Eckpunkte an alle Abgeordneten aus dem Gesundheitsausschuss des Bundestages gesendet zu haben. In den ersten Wochen des neuen Jahres seien zudem mehrere Gespräche mit den Abgeordneten geplant.

EB/cmk

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