Appell an Förderung von Netzwerkbildung für Long-COVID-Versorgung

Berlin – Ärztekammern, Kassenärztliche Vereinigungen (KVen), ärztliche Fachgesellschaften und Verbände sollten alles daran setzen, das Wissen über Long COVID in die Ärzteschaft zu tragen. Diesen Appell richten der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze (SPD), und weitere Patienten-, Behinderten- und Pflegebeauftragte aus einigen Bundesländern an die Ärzteschaft.
„Fördern und unterstützen Sie den Austausch und die Fortbildung Ihrer Mitglieder“, heißt es in dem Schreiben, das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. Kammern, KVen und Fachgesellschaften sollten vor allem die Ausbildung von „berufsgruppenübergreifenden regionalen Experten- und Versorgungsnetzen“ unterstützen und fördern.
Es sei – „nicht zuletzt angesichts des zunehmenden Schadens, der Betroffenen und ihren Angehörigen sowie der Gesellschaft und Volkswirtschaft entsteht – ein gemeinsames Handeln von staatlichen Stellen und Selbstverwaltungspartnern erforderlich“, betonen die Patientenbeauftragten weiter.
Sie weisen darauf hin, dass bis Oktober 2024 rund 39 Millionen Infektionen mit SARS-CoV-2 in Deutschland dokumentiert worden sind. Seit dem Auslaufen von Testpflichten seien neue Infektionsfälle aber weniger strukturiert und demzufolge untererfasst worden. Fachkreise gehen demnach davon aus, dass zwischen fünf und 13 Prozent der Betroffenen Long COVID entwickeln.
Als Grund für den Appell führen Schwartze und die anderen Unterzeichner des Briefs vor allem auch die derzeit aus ihrer Sicht schlechte Versorgungslage der Long-COVID-Patienten an. Bei einem Treffen der Patientenbeauftragten Mitte Oktober habe sich gezeigt, dass die medizinische Versorgung Betroffener im gesamten Bundesgebiet „noch unzureichend“ sei, heißt es.
Gleiches gelte für die weiterführende Absicherung der Erkrankung und ihrer Folgen, zum Beispiel durch die Anerkennung von Pflegegraden, Erwerbsminderungen und Graden der Behinderung. „Long COVID stellt somit für die meisten Betroffenen und ihre Angehörigen eine immense finanzielle Belastung und ein erhebliches Teilhabehindernis dar“, stellen die Patientenbeauftragten fest.
Sie betonen weiter, dass viele Leistungserbringer und Gutachter „mangelnde Kenntnisse über die Erkrankung“ hätten und sie nur geringfügig oder gar nicht anerkennen würden. Die Bagatellisierung oder Psychiatrisierung der Symptome sowie insbesondere Fehlbeurteilungen der Schul-, Arbeits- und Erwerbsfähigkeit oder der Pflegebedürftigkeit der Betroffenen seien „ein ernstzunehmendes, folgenreiches Problem“.
Kritisch sehen die Patientenbeauftragten zudem unpassende oder gänzlich fehlende diagnostische und therapeutische Maßnahmen, Arztwechsel, Doppel- oder Mehrfachuntersuchungen ohne therapeutische Konsequenz sowie die Aufforderung oder der Zwang zu Rehabilitationen, die krankheitsverschlechternde Behandlungselemente enthalten. „All diese Umstände werden häufig von Ratsuchenden geschildert und an die Beauftragten herangetragen“, heißt es in dem Schreiben.
Schwartze und seine Kollegen hoffen darauf, dass im November Näheres zur Vergütung von Leistungen festlegt wird, die mit der LongCOV-Richtlinie vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) im Dezember 2023 verabschiedet worden waren. Hausärzte sollen dann die erste Ansprechperson sein und die Diagnostik und Therapie koordinieren.
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