BÄK-Präsident Reinhardt: Gewalt gegen medizinisches Personal gesamtgesellschaftlich ächten

Berlin – Gewalt gegen medizinisches Personal muss gesamtgesellschaftlich geächtet werden. Dies forderte heute Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), im Zusammenhang mit der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften sowie von dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten (20/12950).
Konkret sieht der Gesetzentwurf vor, den Paragrafen 113 Absatz 2 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) zum Schutz von etwa Polizisten, Hilfeleistenden der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes, des Rettungsdienstes, des ärztlichen Notdienstes oder von Notaufnahmen zu erweitern. Hintergrund sind zunehmende Angriffe auf Rettungskräfte, Notdienste und Mitarbeitende in Notaufnahmen. Bislang nicht im Gesetzentwurf verankert sind Vertragsärzte und Praxen.
Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, verwies im Rahmen der Anhörung auf eine auch durch entsprechende Befragungen bestätigte „zunehmende Gewaltausübung“ in den Praxen – sowohl verbal als auch physisch. Deshalb sei es „notwendig und sinnvoll“, bei der geplanten Gesetzesanpassung auch die Praxisteams ausdrücklich zu benennen.
Die befragten Rechtsexpertinnen und -experten äußerten sich allerdings überwiegend kritisch zu den Plänen. Die fraglichen Tatbestände seien bereits strafrechtlich bewehrt, weshalb eine im Kern unzulässige Doppelregelung drohe. Mehrfach war die Rede von einer „Symbolpolitik“.
KBV-Chef Gassen rief jedoch dazu auf, die „real existierende Situation“ zu beachten und darauf zu reagieren. Die Probleme seien auch deshalb drängend, weil Räume der „Hilfe und Sicherheit“ und damit neben dem jeweiligen Personal auch andere Patienten betroffen seien.
BÄK-Präsident Reinhardt betonte, die Gewalterfahrungen im Gesundheitssystem nähmen nach Einschätzung der Ärztekammern zu, hier könne er der KBV vollumfänglich zustimmen.
Statistiken und Umfragen belegten, dass die Übergriffe in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hätten und „kein marginales Problem“ mehr darstellten. Da durchaus auch die medizinische Versorgung beeinflusst werde, seien zudem Schäden Dritter möglich. Die BÄK unterstütze deshalb die geplante Änderung des Strafgesetzbuches.
Übergriffe aufwandsarm melden
Unabhängig von einer Änderung des Strafrechts sei es sinnvoll, Betroffenen zu ermöglichen, Übergriffe möglichst aufwandsarm melden zu können, so Reinhardt. Die Meldequote müsse deutlich erhöht werden. Ermittlungsbehörden und Gerichte müssten zudem die rechtlichen Möglichkeiten tatsächlich voll ausnutzen und Angriffe konsequent verfolgen und bestrafen.
In der Stellungnahme der BÄK wird für weitere staatliche Initiativen plädiert. Um Gewalt gegen medizinisches Personal gesamtgesellschaftlich zu ächten, brauche es „flächendeckende und auf unterschiedliche Zielgruppen zugeschnittene Informationskampagnen“ – zum Beispiel der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: