Politik

Britische Coronavariante B.1.1.7 bei fast 90 Prozent

  • Donnerstag, 1. April 2021
/peterschreiber.media, stock.adobe.com
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Berlin – Die zuerst in Großbritannien entdeckte, sehr ansteckende Coronavariante B.1.1.7 breitet sich rasch in Deutschland aus. Sie habe einen Anteil von 88 Prozent erreicht, berichtete das Robert-Koch-Institut (RKI) gestern Abend mit Verweis auf Tests der vergangenen Woche (22.-28. März).

Die Verbreitung der Variante sei besorgniserregend, weil sie „nach bisherigen Erkenntnissen deutlich ansteckender ist und vermutlich schwerere Krankheitsverläufe verursacht als andere Varianten.“ Es sei daher mit weiter steigenden COVID-19-Fällen in Krankenhäusern zu rechnen.

Alle in Deutschland verfügbaren Impfstoffe schützten nach RKI-Angaben jedoch sehr gut vor einer Er­kran­kung durch B.1.1.7 und auch vor schweren Erkrankungen durch zwei andere Varianten. In rund 0,1 Prozent der B.1.1.7-Proben wurde jedoch die zusätzliche Mutation E484K nachgewiesen, die die Wirkung der Antikörper des Immunsystems abschwächt.

Die zwei anderen Virusvarianten spielen laut RKI derzeit in Deutschland kaum eine Rolle: Die in Südaf­rika verbreitete Variante B.1.351 sei in 0,8 Prozent der darauf untersuchten positiven Proben nachge­wie­sen worden, die stark in Brasilien zirkulierende Variante P.1 sogar nur in 0,1 Prozent. Beide Varianten können die Wirkung der Antikörper des Immunsystems etwas vermindern.

Ihr Anteil sei so niedrig, weil es in Deutschland keine Bevölkerungsimmunität gebe, hatte der Berliner Virologe Christian Drosten kürzlich in einem NDR-Podcast erklärt. „Diese Varianten kommen nur dann hoch, wenn wir in der Bevölkerung schon eine Immunität haben. Sonst profitieren die nicht von ihren Mutationen.“ Auch nach Drostens Angaben schützen die Impfstoffe jedoch in beiden Fällen vor einem schweren COVID-19-Verlauf.

Der Anstieg der Neuinfektionen insgesamt und der durch die sehr ansteckende Variante B 1.1.7. wird laut RKI zu einer „deutlich ansteigenden“ Anzahl von COVID-19-Patienten in Kliniken führen.

Keine Verzerrung durch Testungen

Auf die Schnelltests ist die steigende Zahl an gemeldeten Coronaneuinfektionen nach RKI-Erkenntnissen bisher dagegen nicht sonderlich zurückzuführen. Es lasse sich „keine Verzerrung der Anzahl PCR-positi­ver Testergebnisse durch eine übergroße oder stark ansteigende Anzahl von positiven Antigentests nach­weisen“.

Zwischen 8. und 14. März, als in Deutschland wöchentliche Gratisschnelltests eingeführt wurden, ging nach RKI-Angaben bei 4,4 Prozent der laborbestätigten PCR-Tests ein positiver Schnelltest voraus. Dieser Anteil kletterte leicht auf 5,5 Prozent (15. bis 21. März) und zuletzt auf 6,0 Prozent (22. bis 28. März).

Nach RKI-Angaben lag in den Kalenderwochen 11 und 12 (15. bis 28. März) die Zahl positiver PCR-Tests mit vorangegangenem Schnelltest jeweils um etwa 1.800 höher als in der Vorwoche. Die Zahl der posi­tiven Tests sei jedoch in jeder der beiden Wochen um über 20.000 gestiegen.

In der vergangenen Woche gab es nach RKI-Angaben 1,40 Millionen PCR-Tests. Laut RKI-Lagebericht der Vorwoche waren es damals 1,35 Millionen. Die Rate der positiven Tests stieg in den Wochen von 7,91 auf 9,33 Prozent und damit wesentlich schneller als die Testzahlen.

Positive Schnelltest-Ergebnisse müssen dem Gesundheitsamt mitgeteilt werden. Daraufhin soll ein PCR-Test erfolgen. Das RKI schränkt allerdings ein, dass es über die Vollständigkeit der Meldungen keine Aus­sage machen könne. Selbsttests für zuhause sind nicht meldepflichtig.

Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI unterdessen binnen eines Tages 24.300 Coro­na­­neuinfektionen gemeldet. Zudem wurden innerhalb von 24 Stunden 201 neue Todesfälle verzeichnet. Das geht aus Zahlen des RKI von heute hervor. Vor genau einer Woche hatte das RKI binnen eines Tages 22.657 Neuinfektionen und 228 neue Todesfälle verzeichnet.

Die Daten geben den Stand des RKI-Dashboards von 05.30 Uhr wieder, nachträgliche Änderungen oder Ergänzungen des RKI sind möglich. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) lag laut RKI heute Morgen bundesweit bei 134,2 – und damit etwas über dem Niveau vom Vortag (132,3).

Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 2.833.173 nachgewiesene Infektionen mit SARS-CoV-2 in Deutschland. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht er­kannt werden. Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit etwa 2.535.000 an. Die Gesamtzahl der Men­schen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit SARS-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 76.543.

Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht von gestern Abend bei 0,97 (Vortag: 1,01). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 97 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektions­geschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen.

dpa

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