Politik

Bund und Länder beschließen harten Lockdown vom kommenden Mittwoch an

  • Sonntag, 13. Dezember 2020
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt zusammen mit Michael Müller (SPD, r), Regierender Bürgermeister von Berlin, Olaf Scholz (SPD, 2.v.r), Bundesfinanzminister, und Markus Söder (CSU, M)/picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt zusammen mit Michael Müller (SPD, r), Regierender Bürgermeister von Berlin, Olaf Scholz (SPD, 2.v.r), Bundesfinanzminister, und Markus Söder (CSU, M)/picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

Berlin/München – Das öffentliche Leben in Deutschland wird angesichts der sich ausbreitenden Corona-Pandemie schon ab dem kommenden Mittwoch (16.12) drastisch heruntergefahren. Der Einzelhandel mit Ausnahme der Geschäfte für den täglichen Bedarf muss schließen.

Das teilte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntag nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten mit. Der seit Anfang November geltende Teil-Lockdown habe „nicht gereicht“, sagte die CDU-Politikerin in Berlin. Die Verschärfung der Maßnahmen habe Auswirkungen auf die Feiertage. Aber: „Wir sind zum Handeln gezwungen und handeln jetzt auch.“

Das exponentielle Wachstum der Coronaneuinfektionen habe eine Zeit lang gestoppt werden können, sagte Merkel. Dann habe es aber eine „Seitwärtsbewegung“ gegeben, und seit einigen Tagen gebe es wieder ein exponentielles Wachstum.

„Corona ist außer Kontrolle geraten“, warnte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. „Die Lage ist eigentlich 5 vor 12.“ Deswegen habe man keine halben Sachen mehr machen wollen. Ab Mittwoch gelte ein „Lockdown für alle“, sagte der CSU-Vorsitzende. „Die Philosophie heißt: Daheim bleiben!“ Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD) betonte, es seien weiter „Dinge möglich“, etwa an Weihnachten. „Aber man muss auch nicht alles machen, was möglich ist.“

Von der Geschäftsschließung ausgenommen sind nach dem Beschluss von Bund und Ländern unter anderem: der Einzelhandel für Lebensmittel, Wochenmärkte für Lebensmittel, Direktvermarkter von Lebensmitteln, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz-Werkstätten, Fahrradwerkstätten, Banken und Sparkassen.

Für Weihnachten sollen nach dem Beschluss die strengen Regeln für private Kontakte - maximal fünf Personen aus maximal zwei Hausständen - gelockert werden. Vom 24. bis zum 26. Dezember sind demnach
zulässig: Treffen mit vier über den eigenen Hausstand hinausgehende Personen zuzüglich Kinder im Alter bis 14 Jahre aus dem engsten Familienkreis, also Ehegatten, Lebenspartner und Partner einer nicht­ehelichen Lebensgemeinschaft sowie Verwandte in gerader Linie, Geschwister, Geschwisterkinder und deren jeweiligen Haushaltsangehörige, auch wenn dies mehr als zwei Hausstände oder fünf Personen über 14 Jahre bedeutet.

Neun Monate nach dem ersten Corona-Lockdown an Kitas und Schulen sollen die meisten Einrichtungen nun ebenfalls überall in Deutschland geschlossen oder nur noch eingeschränkt betrieben werden. Merkel und die Ministerpräsidenten vereinbarten, dass Schüler und Kita-Kinder spätestens ab Mittwoch für zunächst dreieinhalb Wochen zu Hause bleiben sollen.

An Silvester und Neujahr wird in Deutschland angesichts der sich ausbreitenden Corona-Pandemie ein bundesweites An- und Versammlungsverbot gelten. Zudem werde der Verkauf von Feuerwerk vor Silvester grundsätzlich verboten.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) trat der Kritik entgegengetreten, die Bundesländer seien in den vergangenen Wochen und Monaten in der Corona-Pandemie zu zögerlich und zu vielstimmig vorgegangen. „Wenn man sich anguckt, was seit März passiert ist, muss man sagen, wir haben sehr schnell gehandelt“, sagte der amtierende Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz.

​Trotz Unterschieden etwa in der Länderstruktur und beim Infektionsgeschehen sei es gelungen, immer wieder einen gemeinsamen Weg zu vereinbaren. Dabei sei permanent wissenschaftliche Expertise eingeflossen. Auch der nun gefasste Beschluss zum harten Lockdown vom kommenden Mittwoch an sei ein Ergebnis dieses gemeinsamen Vorgehens. Wichtig dabei sei gewesen, Betroffenen wie Einzelhändlern, Schülern oder Eltern ein paar Tage Zeit zu geben, sich auf die neue Situation einzustellen.

Das Ziel bleibe, dass die Kontaktnachverfolgung wieder möglich werden, ergänzte Merkel. Dafür müsse es gelingen, die 7-Tages-Inzidenz wieder unter 50 zu drücken. Söder schloss nicht aus, dass der Lockdown über den 10. Januar hinaus verlängert werden könnte. Über das weitere Vorgehen soll bei einem weiteren Bund-Länder-Spitzentreffen am 5. Januar entschieden werden. Wirtschaftsverbände äußerten in ersten Reaktionen Verständnis für die Einschränkungen, pochten aber auf staatliche Hilfen. Diese soll es auch geben: Vorgesehen sind verbesserte Überbrückungshilfen mit monatlichen Zuschüssen von bis zu einer halben Million Euro.

Auf eine existenzbedrohende Lage für Geschäfte besonders durch den vorzeitigen Abbruch des Weihnachtsgeschäfts verwies allerdings der Einzelhandelsverband HDE. Der Städte- und Gemeindebund bezeichnete die Lockdown-Beschlüsse als "hart, aber unvermeidbar".

dpa/afp

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