Politik

Bundesrechnungshof fordert Reform der Krankenhausplanung

  • Freitag, 18. September 2020
/picture alliance, Flashpic, Jens Krick
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Berlin – Der Bundesrechnungshof (BRH) hat in einem Bericht eine Reform der Kranken­hausplanung angemahnt. Dabei hat er kritisiert, dass die Bundesländer ihrer Verpflich­tung zur Übernahme der Investitionsmittel für die Krankenhäuser nur unzureichend nachkommen. „Die Förderung stagniert auf gleichbleibend niedrigem Niveau und bewegt sich zwischen 2,6 und 3 Milliarden Euro“, schreibt der BRH in seinem Bericht, der dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. „Krankenhäusern fehlt dadurch die für Investitionen notwendige Planungssicherheit.“

Dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) zufolge benötigten die Krankenhäuser sieben Milliarden Euro für ihre Investitionen. Insofern belaufe sich die Förderlücke auf vier Milliarden Euro pro Jahr.

Derzeit übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) die Finanzierung der Betriebsmittel in den Krankenhäusern und die Länder die Investitionskosten. Zugleich obliegt ihnen die Krankenhausplanung.

„Seit Jahren klaffen planerische Kompetenzen bei den Krankenhäusern einerseits und die Übernahme von Finanzierungsverantwortung andererseits auseinander“, schreibt der Bundesrechnungshof. Dies schaffe Einfallstore für ein unwirtschaftliches Verhalten, führe in der Fläche zu ineffizienten Versorgungsstrukturen und provoziere eine unzulässige Quersubventionierung aus GKV-Beitragsmittel in Milliardenhöhe.

„Das seit Jahren zu beklagende Aufweichen des dualen Finanzierungssystems stellt die Legitimität der alleinigen Planungshoheit der Länder zunehmend infrage“, betont der Bundesrechnungshof. Er hält es deshalb für erforderlich, die Finanzierungs- und Planungsverantwortung wieder zusammenzuführen. Dies schließe eine Änderung grundgesetzlicher Bestimmungen notwendigerweise ein, heißt es in dem Bericht.

Der Bundesrechnungshof weist darauf hin, dass im Rahmen des gegenwärtigen Kompe­tenz­gefüges zwischen Bund und Ländern bei der Krankenhausversorgung bislang kaum grundlegende Verbesserungen zu erzielen gewesen seien. Er kritisiert, dass die Länder meist nicht bereit gewesen seien, auf ihre Planungshoheit auch nur teilweise zu verzichten.

Der BRH betont vor diesem Hintergrund: „Soweit der Bund oder die GKV – anstelle der an sich zuständigen Länder – eine ergänzende Verantwortung bei der Investitionsfinan­zierung übernehmen, sollten ihnen entsprechende Mitsprachemöglichkeiten bei der Planung eingeräumt werden.“

Darüber hinaus kritisiert der BRH die Ausgestaltung der Krankenhausplanung in Deutschland. „Die gegenwärtigen Krankenhausplanungen der Länder unterscheiden sich maßgeblich in Inhalten und zeitlichen Abfolgen“, rügt er.

„Standorte, Fachabteilungen, Leistungsschwerpunkte und Gesamtplanbettenzahlen werden nach unterschiedlichen Kriterien ausgewiesen. Eine in die Zukunft ausgerichtete Planung, zum Beispiel unter Berücksichtigung der Demografie, Morbidität und des medizinischen Fortschritts, ist kaum vorhanden. Qualitätsaspekte für die Krankenhaus­planung wenden Länder nur teilweise an. Bundesweit gibt es keine einheitlichen Maßstäbe, aus denen sich herleiten lässt, inwieweit in der stationären Versorgung eine Über- oder Unterversorgung besteht. Der tatsächliche Versorgungsbedarf ist nicht verlässlich belegt.“

Dies müsse sich ändern, fordert der Bundesrechnungshof. Er empfiehlt, alsbald Maß­nahmen zur Analyse des derzeitigen und künftigen Versorgungsbedarfs einzuleiten. „Die Krankenhausplanung sollte dabei strikt am medizinischen Bedarf der Bevölkerung ausgerichtet sein sowie die demografische Entwicklung und Effekte des medizinischen Fortschritts berücksichtigen“, heißt es.

Der BRH kritisiert, wie sich die Krankenhauslandschaft derzeit in Deutschland umwandelt. „Aktuelle Anpassungen wie Schließungen von Krankenhäusern und Abteilungen sowie der Ab- und Umbau von Versorgungskapazitäten verlaufen nach Einschätzung des Bundesrechnungshofes weitgehend ungesteuert“, heißt es in dem Bericht.

„Es besteht keine übergreifende Zielsetzung zwischen Bund und Ländern, wie die Versorgungsstrukturen weiterentwickelt werden sollen. Deshalb ist unklar, ob die derzeitigen Umbrüche die richtigen Häuser treffen und versorgungspolitisch sachgerecht sind.“

Vor diesem Hintergrund kritisiert der BRH, dass die Krankenhausstruktur in Deutschland nicht effizient sei.

„Es bestehen Doppelstrukturen, zu wenig Spezialisierung und partiell sind Mengenaus­weitungen zu beobachten“, schreibt er in seinem Bericht. „In Kranken­häusern der Grund- und Regelversorgung finden vielfach komplexe Eingriffe statt, die spezialisierten Einrichtungen vorbehalten sein sollten. 40 Prozent der Krankenhäuser verzeichnen Verluste, für über ein Zehntel besteht erhöhte Insolvenzgefahr. Möglich­keiten, die übermäßige Inanspruchnahme teurer stationärer Behandlungen zu reduzieren und die Versorgung stärker in die ambulante Versorgung zu verlagern, wurden bislang nicht ausgeschöpft. Vielerorts bestehen personelle Engpässe bei ärztlichem und pflegerischem Personal, weil Personal auch in unwirtschaftlichen Einrichtungen gebunden wird.“

Förderungen des Bundes sind nicht wirtschaftlich

Den von der Bundesregierung aufgelegten Krankenhausstrukturfonds befürwortet der BRH grundsätzlich. Der Fonds fördere den Abbau von Überkapazitäten, die Konzentration von stationären Versorgungsangeboten und die Umwandlung von Krankenhäusern in andere Versorgungseinrichtigungen. „Allerdings sind die erreichten beziehungsweise absehbaren Strukturveränderungen gemessen an der gesamten Versorgungsstruktur gering“, heißt es im Bericht des Bundesrechnungshofs.

„Bis die Krankenhausstruktur umgebaut ist, würden Jahrzehnte vergehen. Der Verän­derungs­prozess verläuft zudem weitgehend ungesteuert. Es fehlt an einer übergreifenden Zielsetzung zur Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen.“ Insofern hält der BRH das vorgesehene Förderverfahren für nicht geeignet, die Versorgungsstrukturen grundlegend zu verbessern. Den Fördermitteleinsatz beurteilt er insoweit als nicht wirtschaftlich.

Der Bundesrechnungshof hat seinen Bericht dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags zugeleitet. Nach der abschließenden Beratung im Haushaltsausschuss wird der Bericht veröffentlicht.

fos

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