Politik

Bundestag verabschiedet 200-Milliar­den-Paket, Energiekosten belasten Arztpraxen

  • Freitag, 21. Oktober 2022
Zuschauer verfolgen die Sitzung im Bundestag. Thema der Debatte war das Stabilisierungsfondsgesetz./picture alliance, Britta Pedersen
Zuschauer verfolgen die Sitzung im Bundestag. Thema der Debatte war das Stabilisierungsfondsgesetz./picture alliance, Britta Pedersen

Berlin – Der Bundestag hat den Weg für die Finanzierung der geplanten Energiepreisbremsen und Unterneh­menshilfen in der Energiekrise frei gemacht. Mit dem Beschluss darf der Wirtschaftsstabilisie­rungs­fonds nun Kredite in Höhe von 200 Milliarden Euro aufnehmen.

Der Beschluss bildet die Grundlage für die weiteren Gespräche zwischen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) zu den Überlegungen, wie den Einrichtungen im Gesundheitswesen in der Energiekrise geholfen werden kann.

Die Gespräche waren in dieser Woche auf die kommende vertagt worden. Bisher waren vor allem die stationä­ren Einrichtungen Thema. Die ambulante Versorgung hat hingegen kaum eine Rolle gespielt. Bundesärzte­kam­mer (BÄK) und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatten sich wiederholt dafür eingesetzt, die Vertragsärzte nicht zu vergessen.

Mit dem Thema Energiekriese hatte sich gestern und heute auch die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) – ohne Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) befasst. Die Regierungschefs der Länder verwiesen in einem heutigen Beschluss in Bezug auf das Gesundheitswesen auf ihren 25 Beschluss vom September.

Darin hatten sie gefordert, dass die Maßnahmen des Entlastungspakets III in einen Gesamtvorschlag zur finan­ziellen Lastenverteilung eingebettet werden müssen. „Das betrifft insbesondere die Bereiche Ausbau des ÖPNV, Wohngeld, Flüchtlingsfinanzierung sowie die Kosten für Krankenhäuser, Universitätskliniken und Pfle­geeinrichtungen.“

Sie sprachen sich darüber hinaus dafür aus, den von der Regierungskommission „Gas und Wärme“ vorgeschla­genen Hilfsfonds für soziale Dienstleister schnellstmöglich umzusetzen. Dabei müsse sichergestellt sein, dass der Fonds finanziell hinreichend hoch ausgestattet wird, damit es zu keiner Einschränkung der erforderlichen Leistungen kommt.

Ob der Fonds auch Arztpraxen absichern soll, geht aus dem Kommissionsvorschlag allerdings nicht hervor – explizit aufgeführt sind Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Rehaein­richtungen.

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Frank Bergmann, und der stellvertre­tende KVNO-Vorsitzende, Carsten König, wiesen heute darauf hin, dass vor allem bei fachärztlichen Grup­pen wie Radiologie, Strahlentherapie und Nephrologie die Kostensteigerungen durch einen unvermeidbar höhe­ren Stromverbrauch weit über dem Verbraucherpreisindex lägen.

Als selbständige Unternehmer trügen die niedergelassenen Ärzte eine Verantwortung für ihre Praxis – Mitar­bei­tende müssten bezahlt, Praxisräume geheizt und unter anderem technisch-medizini­sche Geräte betrieben und unterhalten werden.

Die KV Berlin nannte konkrete Beispiele, um die wirtschaftliche Situation zu verdeutlichen. Demnach habe eine radiologische Praxis mit zwei Ärzten berichtet, dass sie anstatt 3.800 Euro jetzt 18.000 Euro monatlichen Abschlag für Strom zahle.

Ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) für Radiologie, Strahlentherapie und Nuklearmedizin habe eige­nen Angaben zufolge 2019 noch rund 250.000 Euro für Strom bezahlt. Für das laufende Jahr rechne das Zent­rum mit einer Vervierfachung auf 800.000 bis eine Million Euro. Einen Anstieg der jährlichen Gasrechnung von 9.000 auf 60.000 Euro habe eine Dialysepraxis mit 24 Behandlungsplätzen verzeichnen müssen.

Ähnlich gestaltet sich die Lage in den anderen KV-Bereichen. Karsten Mydlak, Facharzt für Laboratoriumsme­di­zin in Cottbus, sagte dem Deutschen Ärzteblatt, der Ausblick für das kommende Jahr sei „alles andere als beruhigend“. Im Mittel rechne er in den nächsten vier Jahren mit energiebedingten Mehrkosten von etwa 300.000 Euro pro Jahr.

aha/may

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