Politik

Cannabis­konsum unter Jugendlichen in Berlin besonders hoch

  • Dienstag, 20. Juni 2023
/Syda Productions, stock.adobe.com
/Syda Productions, stock.adobe.com

Berlin – Jugendliche und junge Erwachsene in Berlin konsumieren mehr Cannabis als ihre Altersgenossen im Rest Deutschlands. Zu diesem Ergebnis kommt eine nun vorgestellte repräsentative Studie des Hamburger Instituts für interdisziplinäre Suchtforschung (ISD). Demnach geht der Konsum oft mit mangelhaftem Wissen über Wirkung und Risiken einher.

Cannabis ist unter Berlinerinnen und Berlinern zwischen 16 und 27 Jahren eine gängige Droge: Das ISD, das auch das wissenschaftliche Gutachten zur Cannabis­legalisierung im Auftrag des Bundesgesundheits­ministeriums (BMG) erstellt hat, hatte das Meinungsforschungsunternehmen Info GmbH 2.410 Jugendliche und junge Erwachsene in der Hauptstadt befragen lassen. Die Ergebnisse sind eindeutig.

So gaben 44 Prozent der Befragten an, schon mindestens einmal in ihrem Leben Cannabis konsumiert zu haben. Fast 30 Prozent sagten, sie hätten das in den zurückliegenden 12 Monaten getan, fast 16 Prozent in den vergangenen Tagen.

Laut dem Alkoholsurvey der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hatten 2021 bundesweit 25 Prozent der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren angegeben, in den vorangegangenen zwölf Monaten gekifft oder andere Cannabisprodukte konsumiert zu haben. Zwölf Prozent gaben das für die vorange­gangenen 30 Tage an, eine Vergleichszahl für den mindestens einmaligen Konsum gaben die Autorinnen und Autoren hingegen nicht an.

Von den nun befragten Berliner Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die Cannabis konsumieren, zeigen laut Studienautoren Jens Kalke und Moritz Rosenkranz 45,4 Prozent potenziell problematisches Konsumverhalten. Kalke und Rosenkranz räumten bei Vorstellung der Zahlen jedoch ein, dass die Feststellung problema­tischen Konsumverhalten höchstens näherungsweise erfolgen konnte.

Die Beurteilung problematischen Verhalten basierte dabei auf dem Screening­instrument CAST (Cannabis Abuse Screening) und bestand im Wesentlichen aus sechs Fragen zu Konsum und sozialen Auswirkungen. Es gebe noch kein valides Modell, um problematisches Konsumverhalten auch statistisch zuverlässig zu erfassen, erklärte Kalke.

Besser erfassen ließen sich die Wissenslücken bei Jugendlichen: Mit 62,8 Prozent wussten nicht einmal zwei Drittel der Befragten, dass THC der psychoaktive Stoff im Cannabis ist. 18,6 Prozent schätzten die Konsumrisiken für Jugendliche nicht höher ein als für Erwachsene.

Auch bei der Rechtslage herrscht breite Unwissenheit: Nur 40 Prozent der Befragten wussten, dass jeglicher Besitz von Cannabis ohne eine ärztliche Verordnung verbo­ten ist. Mehr als jeder Fünfte gab an, der Besitz von bis zu 10 Gramm sei legal, über 7 Prozent dachten, es sei legal, Cannabis zu verschenken.

„Wir sehen an den Daten, dass wir eine problematische Entwicklung des Konsums haben“, erklärte die Berliner Gesundheitssenatorin Ina Czyborra bei der Vorstellung der Umfrage. „Die Ergebnisse zeigen einmal mehr: Wir müssen Suchtpräventions­angebote insbesondere für Kinder und Jugendliche in Berlin ausbauen.“

Anke Timm, Geschäftsführerin der Fachstelle für Suchtprävention in Berlin, verlangte gezieltere Aufklärung. „Die Chance muss stärker genutzt werden, Jugendliche in ihrer Lebenswelt zu erreichen.“ Es brauche mehr Interventionsangebote für Jugendliche mit riskantem Konsum und mehr Angebote an Schulen, bei denen das eigene Konsumverhalten reflektiert wird und interaktive Methoden zum Einsatz kommen.

Welche konkreten Schlussfolgerungen die Politik angesichts der geplanten Legalisie­rung von Cannabis als Genussmittel auf Bundesebene die Berliner Gesundheits­poli­tik zieht, sagte Czyborra nicht. Gegebenenfalls müssten Präventions- und sonstige Angebote angepasst werden.

„Wenn es für Erwachsene legallegalisiert ist, kann das durchaus Auswirkungen auf Jugendliche haben“, erklärte sie. „Das ist aber noch spekulativ, da wir diese Auswirkungen noch nicht sehen.“

lau

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung