Politik

Elektronische Patientenakte: Bund will 80 Prozent Abdeckung bis 2025

  • Montag, 12. September 2022
/ipopba, stock.adobe.com
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Berlin – Die Bundesregierung will, dass bis 2025 mindestens 80 Prozent der gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland die elektronische Patientenakte (ePA) nutzen. Das geht aus ihrer Digitalisierungsstrategie hervor, die sie heute dem Bundestag vorgelegt hat. Auch beim E-Rezept ist hat sie sich große Ziele gesetzt.

Die Ampelparteien haben große Ambitionen bei der Digitalisierung der Republik. Noch ist Deutschland mit Blick auf Verwaltung, Privatwirtschaft und Gesundheitswesen global gesehen weit abgeschlagen. Ausweislich ihrer nun dem Bundestag vorgelegten Digitalstrategie lässt sich die Bundesregierung davon jedoch nicht beirren und verkündet Ziele, die viele Beobachter erstaunen.

Das Land solle „an der Spitze der internationalen Entwicklung Taktgeber für Innovation und Wachstum durch Digitalisierung sein“, heißt es da beispielsweise. „Deutschland braucht einen umfassenden digitalen Aufbruch.“

Als Europas industrieller Motor und eine der stärksten Volkswirtschaften der Welt, aber auch als soziale Markt­wirtschaft mit dem Anspruch auf Teilhabegerechtigkeit betrachte die Bundesregierung die Digitalisierung als entscheidend für die Zukunftsfähigkeit des Landes.

Große Neuigkeiten enthält die Digitalstrategie dabei nicht. Sie ist vielmehr eine Zusammenfassung der Projekte, die die einzelnen Ressorts jeweils selbstständig angehen, und der Ziele, die sie dabei verfolgen. Die wiederum soll im Gesundheitswesen die Digitalstrategie des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) präzisieren, deren Entstehungsprozess Hausherr Karl Lauterbach (SPD) vergangene Woche einleitete.

Jener „partizipative Strategieprozess“ werde insbesondere einen „besonderen Fokus auf die Lösung von Versor­gungsproblemen und die Perspektive der Nutzerinnen und Nutzer legen“, heißt es in der Digitalstrategie. Auch hier spart die Bundesregierung nicht an großen Tönen: Deutschland solle „eine Vorreiterrolle bei Digital Health“ einnehmen.

Die bereits gesteckten Ziele im Gesundheitswesen werden dabei ungewöhnlich deutlich formuliert: So wolle sich die Bundesregierung daran messen lassen, ob im Jahr 2025 das E-Rezept als Standard in der Arzneimittel­versorgung etabliert ist und das bisherige Muster-16-Rezept nur noch als „Rückfalloption“ genutzt wird.

In anderen europäischen Ländern, Portugal beispielsweise, hat es rund ein Jahrzehnt gedauert, bis die Mehrheit der Arzneimittelverordnungen elektronisch ausgestellt wurden – der pannenbehaftete Einführungsprozess hier­zulande ist dabei noch gar nicht mit einberechnet.

Ähnliches gilt für das Deutsche Elektronische Melde- und Informationssystem für den Infektionsschutz (DEMIS). Auch hier ruckelt es beim Anschluss der Krankenhäuser derzeit gewaltig. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) geht davon aus, dass die geplante Frist zum 17. September nicht gehalten werden kann. Nun kündigt die Bundesregierung an, die DEMIS zur Nutzung in Gesundheitseinrichtungen und im Öffentlichen Gesundheits­dienst (ÖGD) sukzessive weiter ausbauen.

So solle „die Nutzung der elektronischen Patientenakte durch mindestens 80 Prozent der gesetzlich Kranken­ver­sicherten“ bis zum Jahr 2025 zur „Grundlage für bessere, digital gestützte Gesundheitsversorgung“ werden. Auch werde die Bundesregierung die Bereitstellung und Nutzung der ePA erleichtern – bisher ist das kompli­zierte Freischaltungsverfahren das engste Nadelöhr bei der Ausgabe und Nutzung.

Und durch das Verbot des VideoIdent-Verfahrens bei der ePA-Freischaltung wurde das sogar noch enger. Aus­hilfe sollen perspektivisch die elektronischen Identitäten (eIDs). Wie und ab wann das funktionieren soll, ist weiterhin noch nicht genauer bekannt.

Dafür formuliert die Bundesregierung auch hier ambitionierte Vorhaben: Sie werde den Onlineausweis in seiner Nutzung vereinfachen, indem sie ihn auf das Smartphone bringt. Die staatlich bereitgestellte digitale ID und das Nutzerkonto des Bundes sollen bedienerfreundlich weiterentwickelt und die bestehenden Funktionalitäten „anschlussfähig an ein Ökosystem digitaler Identitäten“ gemacht werden.

Dabei sollen auf Wunsch auch weitere Merkmale von Personen, die eine digitale Identität ausmachen – bei­spielsweise Führerschein, Bildungsabschlüsse oder Zugangsberechtigungen, die von anderer Stelle als dem Staat ausgestellt werden – integriert werden können. „Aufgrund der Vielzahl der Anwendungsbereiche arbeiten wir bei der Entwicklung und fachlichen Umsetzung in ressort- und behördenübergreifenden agile Projektteams und Innovationseinheiten zusammen“, heißt es zum Vorgehen.

Die Verwaltungsmodernisierung im Sinne des Staates als Dienstleister müsse mit der Einsetzbarkeit digitaler Identitäten und der Registermodernisierung Hand in Hand gehen. Digitalisierungshemmnisse wie Schriftfor­mer­fordernisse werde das Kabinett deshalb mittels Generalklausel abbauen sowie Begriffe vereinheitlichen und proaktives Verwaltungshandeln durch antragslose und automatisierte Verfahren gesetzlich verankern.

In der Pflegeversorgung sollen die Grundlagen für eine vollelektronische Abrechnung im ambulanten Bereich geschaffen und die Erprobung von Telepflege vorangetrieben werden. Die Pflegeeinrichtungen wiederum sollen mit einem Förderprogramm zur Anschaffung von digitalen und technischen Lösungen zur Entlastung der Pflegekräfte unterstützt werden.

lau

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