Politik

Energieberatungs­pflicht beunruhigt Krankenhäuser

  • Dienstag, 24. Januar 2023
/high_resolution, stock.adobe.com
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München – In Deutschlands Krankenhäusern löst die versprochene Milliardenhilfe des Bundes zur Milderung der Energiekosten bislang besorgte Fragen anstelle von Erleichterung aus. Eine Hauptursache ist die Be­fürch­tung, dass die Kliniken die an das Hilfsversprechen geknüpfte Pflicht zum Abschluss einer Energieberatung nicht rechtzeitig erfüllen können.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kritisiert jetzt unklare Vorgaben. Und vonseiten des Energiebe­raterverbands GIH kommt die Warnung vor einem Kapazitätsengpass.

Bis 15. Januar 2024 müssen die Krankenhäuser eine Gebäudeenergieberatung absolvieren und die „konkreten Maßnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen der Energieberatung“ nachweisen, wie es im neuen Paragra­fen 26f des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) heißt.

Ansonsten droht eine Kürzung der versprochenen Hilfe um 20 Prozent. Für die Kliniken eingeplant hat die Koalition 4,5 Milliarden Euro für 2023 und noch einmal 1,5 Milliarden Euro im kommenden Jahr.

„Wir sehen da ein Riesenproblem auf uns zukommen“, sagt der Energieberater Andreas Turloff, Vizevorsitzen­der des GIH in Bayern. „Die Kapazitäten sind nicht da.“ In Deutschland gibt es an die 1.900 Krankenhäuser und nach Turloffs Worten zwischen 2.000 und 3.000 gelistete Energieauditoren.

Doch die Mehrheit dieser Berater ist auf Privathaushalte oder mittelständische Firmen spezialisiert, nicht auf große öffentliche Einrichtungen. „Es gibt größere Beratungsgesellschaften, aber die meisten unserer Kolle­gin­nen und Kollegen sind Einzelkämpfer“, betonte Turloff.

Die Krankenhausgesellschaft ist ebenfalls besorgt: „Es fehlen klare Aussagen, was und wie genau nachgewie­sen werden muss“, sagt ein DKG-Sprecher in Berlin. „Es ist durchaus fraglich, ob die Beratung in so kurzer Zeit flächendeckend in den Krankenhäusern erfolgen könnte.“ Zudem wird die Anforderung nach DKG-Einschät­zung mutmaßlich dazu führen, dass die Preise für die Bera­tung rasant steigen.

Bereits seit vielen Jahren gilt europaweit die Energieeffizienzrichtlinie der EU, die auch Krankenhäusern Ener­gieaudits vorschreibt. Nach Auskunft des Bundesgesundheitsministeriums sollen diese Audits anerkannt werden, wie ein Ministeriumssprecher sagt.

Doch im Gesetzestext steht das nicht. Zu vielen Gesetzen gibt es Ausführungsbestimmungen, die die konkre­ten Vorgaben enthalten, was zu tun oder zu lassen ist. Bei Paragraf 26f KHG hat der Bund darauf verzichtet. „Gesonderte Ausführungsbestimmungen zur Durchführung der Energieberatung sind nicht vorgesehen“, sagte der Ministeriumssprecher.

Im Ergebnis rätseln Krankenhausverwaltungen bundesweit, welche Pflichten sie nun genau erfüllen müssen. In jedem Fall ist klar, dass zusätzlicher Schriftverkehr bevorsteht: „Diese Regelung führt nur zu noch mehr bürokratischem Aufwand“, kritisiert der DKG-Sprecher.

Die Energieberatungspflicht trifft die Krankenhäuser in einer ohnehin finanziell sehr bedrängten Lage. Laut einer kurz nach Weihnachten veröffentlichten Klinikumfrage der DKG erwarten nur 20 Prozent der Häuser in diesem Jahr ein positives Ergebnis – was im Effekt bedeutet, dass die übrigen 80 Prozent Verluste fürchten. Die DKG beziffert das strukturelle Defizit auf 15 Milliarden Euro.

Die erwarteten Kapazitätsprobleme der Energieberater könnten sich im Laufe des Jahres noch rasant vergrö­ßern: Im geplanten Energieeffizienzgesetz des Bundes sollten alle Unternehmen mit einem Jahresenergiever­brauch von über 2,5 Millionen Kilowattstunden verpflichtet werden, innerhalb von 20 Monaten ein Energie­audit durchzuführen, sagte Energieberater Turloff. „Das ist eine mittlere bis hohe fünfstellige Zahl von Unter­nehmen, die das betreffen wird.“

Unternehmen mit einem Verbrauch von mehr als zehn Millionen Kilowattstunden sollten verpflichtet werden, innerhalb von 20 Monaten ein Energiemanagementsystem einzuführen. „Das können die ohne unsere Beratungsleistung auch nicht. Ich sehe nicht, wie das gehen soll“, sagte Turloff.

dpa

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