Finanzielle Stabilisierung der Pflegeversicherung drängt

Berlin – Mit der nachhaltigen Stabilisierung der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) steht der künftigen Bundesregierung eine große Herausforderung hervor, die zeitnah angegangen werden muss. Darauf wies heute Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer, im Rahmen der Vorstellung des aktuellen Barmer-Pflegereports nachdrücklich hin.
Mit dem Ende der Ampelregierung seien viele Gesetzgebungsvorhaben auch im Gesundheitsbereich und der Pflege gescheitert, so Straub. Selbst die sehr kurzfristige auf den Weg gebrachte Beitragssatzanhebung zur Verhinderung einer Zahlungsunfähigkeit der sozialen Pflegeversicherung sei „noch in Gefahr“.
Die Anhebung werde jedoch ohnehin nur vorübergehend helfen – die nächste Regierung müsse sich deshalb „direkt“ mit der Pflegeversicherung befassen. Straub betonte, die nun vorgesehene Beitragssatzerhöhung um 0,2 Prozentpunkte verschaffe zwar etwas Luft, reiche jedoch nicht einmal bis Ende 2025.
Ein nachhaltiges Finanzierungskonzept müsse unter anderem die umgehende Befreiung der Sozialen Pflegeversicherung von versicherungsfremden Leistungen umfassen, so wie es der Koalitionsvertrag der ehemaligen Ampelregierung vorsah.
Zudem müssten die von der Pflegeversicherung vorgestreckten Pandemiekosten vollständig mit Steuermitteln ausgeglichen werden – dies bedeute eine Summe von mehr als fünf Milliarden Euro. Auch die Ausbildungskostenumlage für Pflegekräfte solle aus Steuermitteln finanziert und die SPV von der Zahlung der Rentenbeiträge für pflegende Angehörige befreit werden.
„Durch die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs im Jahr 2017 haben viele Menschen erstmals Leistungen der Pflegekassen erhalten, die diesen Anspruch vorher nicht gehabt hatten. Die Pflegedauer wurde dadurch erheblich verlängert, und die Kosten wurden deutlich erhöht“, erläuterte der Autor des Pflegereports, Heinz Rothgang von der Universität Bremen.
Kürzlich verstorbene Pflegebedürftige hätten bei den Pflegekassen Leistungen im Wert von durchschnittlich 50.000 Euro beansprucht. Bei den aktuell Pflegebedürftigen würden diese Kosten bei rund 76.000 Euro liegen.
Der Einsatz von mehr Pflegekräften in Heimen, die bessere Entlohnung und auch der breitere Pflegebedürftigkeitsbegriff seien jeweils politisch gewünscht und brächten auch die „gewollten Effekte“ – brächten aber eben auch Kostensteigerungen und höhere Eigenanteile. Um diese zu begrenzen und zugleich die Liquidität der Pflegeversicherung sicher zu stellen, müssten der SPV zusätzliche Mittel zugeführt werden.
Dabei erscheine ein Element der Steuerfinanzierung „unverzichtbar“. Rothgang plädierte zudem für einen Finanzausgleich zwischen sozialer und privater Pflegepflichtversicherung. Dies sei schon einmal in einem Koalitionsvertrag vorgesehen gewesen: dem Vertrag des Jahres 2005 zwischen CDU/CSU und SPD.
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